NOTIERT IN BERLIN

Automatisch läuft es nur den halben Weg

Wie ein Damoklesschwert hängt der internationale automatische Informationsaustausch in Steuerfragen über der Abgeltungsteuer und entscheidet über deren Zukunft. "Die Abgeltungsteuer auf Zinserträge wird mit der Etablierung des automatischen...

Automatisch läuft es nur den halben Weg

Wie ein Damoklesschwert hängt der internationale automatische Informationsaustausch in Steuerfragen über der Abgeltungsteuer und entscheidet über deren Zukunft. “Die Abgeltungsteuer auf Zinserträge wird mit der Etablierung des automatischen Informationsaustausches abgeschafft”, haben CDU/CSU und SPD in den Koalitionsvertrag geschrieben. Wenn der Datenaustausch läuft, ist es mit der Abgeltungsteuer nach dem Willen der Koalitionäre vorbei – zumindest bei der auf Zinsen. Diese sollen dann wieder voll dem Einkommensteuertarif unterliegen. Ende September 2017 haben Deutschland und ausländische Staaten und Gebiete erstmals automatisch Informationen über Finanzkonten ausgetauscht. Basis dafür ist der gemeinsame Meldestandard der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Nun hat die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag die Ergebnisse bekannt gemacht: Demnach hat Deutschland ins Ausland Kontostände über 58 Mrd. Euro und Kapitalerträge von 14 Mrd. Euro gemeldet. Aus dem Ausland gingen im Gegenzug beim Bundeszentralamt für Steuern Daten über 900 000 Steuerpflichtige mit Kontoständen von 71 Mrd. Euro und Einkünften von 55 Mrd. Euro ein. Eine Aufschlüsselung nach Ländern, nach der die Linke ebenfalls gefragt hatte, ist unter Hinweis auf die Vertraulichkeit der Daten unterblieben. Der automatische Informationsaustausch gehört zu dem Paket von Maßnahmen, mit dem der Gesetzgeber Steuerflucht durch Verlagerung von Vermögen ins Ausland unterbinden will. Gleichwohl erwartet die Bundesregierung nach der Einführung des Informationsaustauschs nun keinen Geldsegen mehr für die Staatskasse. Das Entdeckungsrisiko sei für die Steuerpflichtigen sehr hoch. Bei den Daten handele es sich nur um “Kontrollmaterial” für die Finanzverwaltung. Zahlreiche Steuerpflichtige hatten sich bereits im Angesicht der drohenden Entdeckung beim Finanzamt selbst angezeigt und ihr Auslandsvermögen offengelegt. Einen Spitzenwert erreichten die Selbstanzeigen 2014 mit bundesweit etwas mehr als 39 000 Offenlegungen und einem Steuermehraufkommen von rund 1,5 Mrd. Euro. 2015 ging die Zahl der Selbstanzeigen auf 13 500 zurück, 2016 lag sie nur noch bei rund 4 000. Auch das zusätzliche Steueraufkommen daraus hat sich ermäßigt: auf 700 Mill. Euro 2015 und gut 300 Mill. Euro 2016. Etabliert ist der automatische Informationsaustausch aber noch nicht. Denn bei den Bundesländern, die für die Steuerverwaltung zuständig sind, kommen die Daten bislang nicht an. Die Länder können nur beim Bund nachfragen. Die Bundesregierung erklärt das Manko damit, dass zunächst die technische Voraussetzung zum Datenaustausch zwischen den Staaten geschaffen worden sei. Alles liege im Zeitplan. Von 2019 an solle die Weiterleitung der Daten an die Landesfinanzbehörden umgesetzt werden. Für das Ende der Abgeltungsteuer auf Zinsen bedeutet dies wohl noch einen kleinen Aufschub.