Deutsche Industrie überrascht erneut mit Produktionsplus
Deutsche Industrie überrascht erneut mit Produktionsplus
“Robuste Industriekonjunktur” – Energieintensive Sektoren legen gleichfalls zu
Die deutsche Industrie hat im Februar die Produktion wegen geringeren Materialmangels, mehr Neuaufträgen und des wieder zunehmenden Fahrzeugbaus unerwartet kräftig ausgeweitet. Trotz dieses weiteren positiven Konjunkturpunkts ist die deutsche Wirtschaft noch nicht aus dem Schneider.
ba Frankfurt
Dank wieder reibungsloser funktionierender Lieferketten und mehr Neubestellungen hat die deutsche Industrie im Februar die Produktion unerwartet stark erhöht. Nachdem auch die Exportzahlen überraschend stark ausgefallen waren, gilt die befürchtete Winterrezession den Ökonomen nun als abgesagt. Für das Gesamtjahr zeigen sie sich aber weiter nur verhalten optimistisch: Die diesmal vier an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Institute – das Berliner DIW pausiert wegen des Umbaus der hauseigenen Konjunkturforschung – haben für das erste Quartal ein Wachstum von 0,1% auf der Rechnung – nach dem Minus von 0,4% im Schlussabschnitt 2022. Für das Gesamtjahr 2023 erwarten sie ein Plus von 0,3%.
Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) stellten Industrie, Bau und Energieversorger saison- und kalenderbereinigt im Februar 2,0% mehr her als im Vormonat. Ökonomen hatten nur ein Plus von 0,1% prognostiziert. Zudem revidierten die Wiesbadener Statistiker den Anstieg im Januar – der kräftigste seit Juni 2020 – von 3,5% auf 3,7% nach oben. Seit Dezember 2022 wurde die Produktion also um 5,8% erhöht, womit der deutliche Rückgang zum Jahresende von 2,4% mehr als ausgeglichen wurde, wie die Statistiker betonten. Im Vorjahresvergleich war der Output im Februar 0,6% höher. “Der erneute Produktionsanstieg des produzierenden Gewerbes im Februar spricht für eine robuste Industriekonjunktur im ersten Quartal”, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium. Dass sich auch die Herstellung in den energieintensiven Industriezweigen um 1,9% “merklich ausgeweitet hat, deutet darauf hin, dass die Talsohle der Energiekrise durchschritten sein dürfte”, hieß es weiter. Dennoch ist die Fertigung der energieintensiven Sektoren immer noch um etwa 12% niedriger als im Februar 2022.
Verhaltener Optimismus
Gleichfalls verhalten zuversichtlich zeigten sich die Ökonomen. “Nach dem Sahnemonat Januar nochmals ein fetter Anstieg, das ist fantastisch”, kommentierte zwar Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. “Es sieht so aus, als hätte die Industrie die Kurve bekommen.” Allerdings, so mahnte er zugleich, sollte das aktuelle Produktionstempo nicht fortgeschrieben werden, da sich die US-Wirtschaft fortan schwächer entwickeln werde. Eine nachhaltige Belebung der deutschen Wirtschaft erwartet auch Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen derzeit noch nicht: “Denn in der zweiten Jahreshälfte dürften sich mehr und mehr die weltweiten massiven Zinserhöhungen der Notenbanken bemerkbar machen”, sagte er. Dies dürfte nicht nur den Bau spürbar bremsen, der allerdings im Februar die Fertigung um 1,5% ausweitete. Die Energieerzeugung fiel um 1,1% niedriger aus als im Vormonat.
Die Industrie im engeren Sinne fertigte 2,4% mehr. Laut Destatis war dabei der Anstieg breit basiert: Die Produktion von Investitionsgütern stieg um 3,4%, die Herstellung von Vorleistungsgütern um 1,8% und die Produktion von Konsumgütern um 1,4%. Unter den Branchen sticht die Autoproduktion heraus, die mit 7,6% kräftig expandierte. “Offensichtlich macht sich hier positiv bemerkbar, dass sich die Probleme in den Lieferketten allmählich verringern”, so Solveen. Hieran ändere auch nichts, dass die Zahlen des Automobilverbandes VDA für den März wieder eine etwas geringere Produktion anzeigten. Der bedeutende Maschinenbau hingegen drosselte die Fertigung um 0,2%.
Für Optimismus sorgen auch die nachlassenden Materialengpässe. In der Ifo-Umfrage im März berichteten noch 41,6% von Problemen, im Februar waren es 45,4%. Im März 2022 lag der Anteil bei mehr als 80%. “Dieser Rückgang wird sich positiv auf die Industrieproduktion in den kommenden Monaten auswirken”, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Aber wir sind immer noch weit entfernt von einer optimalen Versorgung.“