IM BANN DER GELDPOLITIK

Bank of England beendet Flirt mit Leitzinserhöhung

Wachstumsprognose gesenkt - Inflation bleibt aus

Bank of England beendet Flirt mit Leitzinserhöhung

Von Andreas Hippin, LondonHochrangige Vertreter der Bank of England haben sich zuletzt alle Mühe gegeben, den Anschein zu erwecken, dass ein Zinsschritt nach oben ebenso wahrscheinlich ist wie eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Nur wenige am Markt nahmen das mit Blick auf die im Falle eines ungeordneten Herausfallens des Landes aus der EU drohenden Verwerfungen ernst. Im Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees (MPC) gab die Zentralbank keinen Anlass mehr zu der Hoffnung, dass die Zinsen bald steigen könnten. Seit dem letzten Treffen hätten die Wirtschaftsdaten zwar alles in allem den Prognosen entsprochen, die Abwärtsrisiken für das Wachstum hätten jedoch zugenommen. “Weltweit haben die handelspolitischen Spannungen an Intensität zugenommen”, heißt es dort. “Im Inland ist die gefühlte Wahrscheinlichkeit eines No-Deal-Brexits gestiegen.” Für das laufende Quartal rechnet die Notenbank nur noch mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts. Vergangenen Monat hatte sie noch 0,2 % Wachstum angesetzt.Wie dem Protokoll weiter zu entnehmen ist, stimmten die MPC-Mitglieder mit 9:0 dafür, den Leitzins auf 0,75 % zu belassen – gerade einmal 50 Basispunkte über dem historischen Tief. Der zur Ankurbelung der Konjunktur zusammengekaufte Anleihebestand wurde unverändert beibehalten. Im Mai war die Teuerungsrate um einen Zehntelpunkt auf 2,0 % zurückgegangen und hatte damit exakt dem Inflationsziel der Notenbank und dem Durchschnitt der Ökonomenschätzungen entsprochen. Angesichts sinkender Energiepreise rechnen die Geldpolitiker der Bank of England damit, dass sich der Preisauftrieb im laufenden Jahr weiter abschwächen wird. Die Kernrate ging im Mai um einen Zehntelpunkt auf 1,7 % zurück, den niedrigsten Stand seit Januar 2017. Daran zeigt sich, dass sich aus den zuletzt stark steigenden Arbeitseinkommen kein wesentlicher Anstieg des Preisdrucks ergab. Bei Dienstleistungen habe die Kernrate “etwas unterhalb” des Niveaus gelegen, das mittelfristig mit der Einhaltung des Inflationsziels konsistent sei, verlautbarte das MPC. Surreales SzenarioDie Teuerung liefert der Bank of England nun wirklich keine guten Argumente für eine geldpolitische Straffung. Zudem stehen sämtliche Prognosen unter dem Vorbehalt, dass es zu einem sanften Brexit kommt, der sich so gut wie gar nicht auf die Handelsbeziehungen zur EU auswirkt – angesichts der frostigen Beziehungen zwischen London und Brüssel ein surreales Szenario. Ein Zinsschritt nach oben wird immer unwahrscheinlicher. Der Markt hat das längst verstanden.