Bank of England hält sich alle Optionen offen

Carney fordert EU zum Handeln auf, um Finanzstabilität im Falle eines "No Deal"-Szenarios sicherzustellen

Bank of England hält sich alle Optionen offen

hip London – Die Bank of England hat den Leitzins bei 0,75 % belassen und die Wachstumsprognose für das laufende und das kommende Jahr etwas gesenkt. Die Geldpolitiker der Notenbank deuteten zwar an, dass die Zinsen etwas schneller als bislang erwartet steigen könnten, wenn der Brexit reibungslos verlaufe, hielten sich aber alle Optionen offen.Gouverneur Mark Carney warnte, dass sich ein “No Deal”-Szenario schneller und stärker auf die Angebotsseite auswirken könne, als man das in entwickelten Volkswirtschaften gewohnt sei. “Weil die Art des EU-Austritts derzeit nicht bekannt ist und sich seine Auswirkungen auf Nachfrage, Angebot und Wechselkurs nicht im Voraus bestimmen lassen, wird die geldpolitische Antwort nicht automatisch erfolgen und könnte in beide Richtungen gehen”, sagte Carney. Man werde zwischen kurzfristigen Effekten, die durch logistische Probleme bedingt sind, und strukturellen Auswirkungen auf die Angebotskapazitäten der Volkswirtschaft unterscheiden müssen. Sollte ein ungeordneter Brexit zu einem Wachstumseinbruch führen, könnte die Bank of England demzufolge die Geldpolitik erneut lockern. Sollte es dagegen zu einem Run auf das britische Pfund kommen, hält sich die Notenbank die Option offen, den Leitzins zu erhöhen. Tatsächliche RechtssicherheitCarney forderte die EU erneut zum Handeln auf, um im Falle eines Brexit ohne jede Übereinkunft zwischen Brüssel und London Verwerfungen an den Finanzmärkten zu vermeiden. Er begrüßte zwar entsprechende Zusicherungen. Man müsse sich aber von solchen Äußerungen zu “tatsächlicher Rechtssicherheit” hinbewegen.Für das laufende Jahr senkte die Notenbank ihre Wachstumsprognose von 1,4 % auf 1,3 %, für das kommende Jahr von 1,8 % auf 1,7 %. Dahinter steckt unter anderem die Annahme, dass sich die Unsicherheit rund um den Brexit stärker auf die Unternehmensinvestitionen auswirkt als bislang erwartet. Allerdings gehen die Ökonomen der Zentralbank davon aus, dass es im Falle eines reibungslosen EU-Austritts zu einer Erholung kommen wird. Die lockerere Fiskalpolitik von Schatzkanzler Philip Hammond, insbesondere die höheren Ausgaben für das Gesundheitswesen, sind in den Schätzungen noch nicht berücksichtigt.Wie dem Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees (MPC) zu entnehmen ist, stimmten seine Mitglieder mit 9:0 dafür, das Zinsniveau stabil zu halten. Der zur Ankurbelung der Konjunktur zusammengekaufte Anleihebestand wurde unverändert beibehalten. Die Notenbank ist weiterhin zuversichtlich, was die künftige Entwicklung der Arbeitseinkommen angeht. Sie hat für das kommende Jahr ein Lohnwachstum von 3,25 % auf der Rechnung, für 2020 sind es 3,50 % und für das Jahr danach 3,75 %. “Trotz der jüngsten Beschleunigung des Einkommenswachstums sieht diese Prognose immer noch zu optimistisch aus”, schrieben die HSBC-Volkswirte Elizabeth Martins und Chris Hare in einer ersten Einschätzung.”Die Brexit-Unsicherheit könnte verhindert haben, dass die Bank of England einen weiteren Politikfehler macht”, urteilte Simon Ward, der Chefvolkswirt von Janus Henderson. “Die heutigen Mitteilungen des MPC deuten darauf hin, dass das Komitee ohne die über den Konjunkturaussichten dräuende Brexit-Wolke die Zinsen erneut angehoben hätte, um den von ihm wahrgenommenen Inflationsrisiken entgegenzuwirken.” Schwache Geldmengentrends seien jedoch ein Zeichen dafür, dass die politischen Rahmenbedingungen bereits restriktiv sind.