GELDPOLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN

Bank of England im Dilemma

Inflationsdruck aus dem Inland bleibt aus

Bank of England im Dilemma

hip London – Die Bank of England (BoE) hat davor gewarnt, dass eine weitere Verzögerung des EU-Austritts das Wirtschaftswachstum des Landes drücken könnte. “Es ist möglich, dass politische Ereignisse zu einer weiteren Periode tiefsitzender Ungewissheit über die Natur der künftigen Handelsbeziehungen des Vereinigten Königreichs mit der Europäischen Union und über den Übergang zu diesen führen könnten”, heißt es im Protokoll zur jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees (MPC). “Je länger diese Unsicherheiten anhalten, insbesondere in einem Umfeld weltweit schwächeren wirtschaftlichen Wachstums, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Nachfrage unterhalb des Potenzials bleibt und sich das überschüssige Angebot erhöht.” Das führe zu weniger Inflationsdruck aus dem Inland. Gleichwohl stimmten die Mitglieder des Gremiums mit 9:0 dafür, den Leitzins nicht zu senken, sondern auf 0,75 % zu belassen – gerade einmal 50 Basispunkte über dem historischen Tief.Die Geldpolitiker befinden sich in einem Dilemma: Einerseits ließe sich mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt ein Zinsschritt nach oben rechtfertigen. Die Einkommen abhängig Beschäftigter sind in den drei Monaten per Ende Juli um 4,0 % gestiegen. Volkswirte hatten lediglich 3,7 % auf der Rechnung. Theoretisch müssten die steigenden Einkommen und die rekordhohe Beschäftigungsquote dazu führen, dass sich Inflationsdruck aufbaut. Doch trotz des boomenden Arbeitsmarkts unterschritt der Preisauftrieb im August den Zielwert der BoE von 2,0 % um drei Zehntelpunkte. Das Wirtschaftswachstum erholte sich im Juli. Somit ist durchaus möglich, dass am Ende des laufenden Quartals ein Plus von 0,3 % stehen wird.Andererseits wollen die MPC-Mitglieder so kurz vor dem Austritt des Landes aus der EU keine zusätzliche Verunsicherung auslösen. Zudem gilt es, für den Fall eines Abschwungs nach einem No-Deal-Brexit möglichst viel Pulver trocken zu halten. Denn die BoE unterstellt, dass das Pfund dann weiter abwerten, die Inflation steigen und das Wachstum einknicken würde. Im Falle eines reibungslosen Ausstiegs aus dem Handelsblock dürften die Zinsen aus Sicht des MPC allerdings eher steigen, vorausgesetzt das Wachstum der Weltwirtschaft erhöht sich. Unterdessen mehren sich die Rufe, möglichst schnell einen Nachfolger für den am 31.1.2020 ausscheidenden Gouverneur Mark Carney zu benennen. Wie der “Telegraph” erfahren haben will, wurde der Kanadier noch nicht gefragt, ob er seine Amtszeit ein drittes Mal verlängern will. Angeblich könnte sich die Entscheidung über seine Nachfolge noch bis nach den zu erwartenden Parlamentswahlen ziehen. Das Schatzamt hielt sich zu diesem Thema bedeckt.