NOTENBANKEN RINGEN UM RICHTIGEN KURS

Bank of England steckt in einem Dilemma

Wirtschaft brummt, aber Inflation weit unter Ziel

Bank of England steckt in einem Dilemma

Von Andreas Hippin, LondonBritische Volkswirte haben den heutigen Donnerstag bereits zum “Super Thursday” erklärt. Die Bank of England legt erstmals ihre Zinsentscheidung, das Protokoll der Sitzung des geldpolitischen Komitees (Monetary Policy Committee, MPC) und den vierteljährlichen Inflationsbericht am gleichen Tag vor. Damit bricht eine Flut von Daten über die Finanzmärkte herein, an denen bislang frühestens für das zweite Quartal 2016 mit einem ersten Zinsschritt der “Old Lady of Threadneedle Street” gerechnet wird. Allerdings wächst dort offenbar der Glaube, dass im achten Jahr seit Beginn der Finanzkrise ein erster Zinsschritt näherrückt. Seit März 2009 hat die Bank of England ihren Zinssatz von 0,5 % beibehalten. Der bei 375 Mrd. Pfund angelangte Bestand der zur Konjunkturankurbelung angekauften Wertpapiere blieb bislang unverändert.Sonia, die Sterling Overnight Interbank Average Curve, deutet darauf hin, dass Marktteilnehmer auf eine Zinserhöhung im Mai setzen – noch vor einem Monat hatten sie Juli auf der Rechnung. Das Pfund legte Bloomberg-Daten zufolge in den vergangenen drei Monaten als einzige Währung gegen den Dollar zu, sehr zum Leidwesen der britischen Exportwirtschaft. Unterschiedliche MeinungenViel interessanter als das Resultat der Abstimmung im MPC wird die Frage sein, wer für einen schnelleren Ausstieg aus den in der Finanzkrise ergriffenen Notstandsmaßnahmen gestimmt hat. Lange Zeit hatten sich in dem neunköpfigen Gremium allein die beiden “Falken” Ian McCafferty und Martin Weale für eine schnelle Straffung der Geldpolitik starkgemacht. Aber kurz vor Ende seiner Amtszeit sprach sich auch David Miles, der bislang zu den “Tauben” gerechnet wurde, für eine baldige Zinserhöhung aus. Und Kristin Forbes sagte zuletzt, dass es bislang keinen Beleg für Lohnzurückhaltung wegen der niedrigen Teuerungsrate gebe. Das rückt sie auch eher ins Lager derjenigen, die lieber die Zügel wieder anziehen würden. Steht es am Ende 7 : 2, hätte sich an den Kräfteverhältnissen nichts geändert. Die bekannten “Falken” hätten lediglich ihre auf Grund der Griechenland-Krise geübte Zurückhaltung aufgegeben. Damit rechnen zahlreiche Volkswirte. Lautet das Ergebnis dagegen 6 : 3, ist wichtig, wer gegen die Fortschreibung der ultralockeren Geldpolitik gestimmt hat. War es Miles, spielt sein Votum keine große Rolle, weil er sein Amt Ende des Monats niederlegt. Er hatte sich für einen baldigen, nicht für einen sofortigen Zinsschritt ausgesprochen. Löhne steigen deutlichNeben der Zinsentscheidung werden die mittelfristigen Prognosen zum Preisauftrieb im Zentrum des Interesses stehen. Der im vorangegangenen Inflationsbericht vorhergesagte deutliche Anstieg der Teuerungsrate im zweiten Halbjahr wird aller Voraussicht nach nicht eintreten. Der erneut abgerutschte Ölpreis macht der Zentralbank einen Strich durch die Rechnung. Zudem verbilligt die feste Landeswährung Importe. Man darf erwarten, dass der Preisauftrieb vorerst um die Nulllinie schwanken wird. Dabei brummt die britische Wirtschaft, die Löhne und vor allem die Immobilienpreise sind deutlich gestiegen. Mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,7 % gegenüber dem Auftaktquartal erreichte die Wirtschaftsleistung im abgelaufenen Dreimonatszeitraum auch gemessen an der Pro-Kopf-Zahl das Vorkrisenniveau von 2008. Der gestern vorlegte Markit/CIPS-Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe fiel zwar von 58,5 im Juni auf 57,4 Punkte. Damit stehen die Zeichen aber immer noch auf Expansion, mittlerweile den 31. Monat in Folge – denn erst Werte unter 50 deuten auf eine rückläufige Entwicklung hin. Man möchte nicht mit den MPC-Mitgliedern tauschen.