Bank of England stockt Dispo der Regierung auf

Wachstum schon im Februar rückläufig - Einbruch von bis zu 25 Prozent im laufenden Quartal möglich

Bank of England stockt Dispo der Regierung auf

hip London – Die Bank of England hat eine Art Dispositionskredit für die Regierung vorübergehend aufgestockt. Volkswirte werteten dies als Beleg dafür, dass große Ungewissheit über den im laufenden Jahr zu erwartenden Cash-flow herrscht. Gouverneur Andrew Bailey hatte vergangene Woche in einem Gastbeitrag für die “Financial Times” monetäre Staatsfinanzierung im Zuge der Coronavirus-Pandemie ausdrücklich ausgeschlossen. Rein technisch betrachtet ist die Ausweitung der “Ways and Means Facility” (W&M) – ein Relikt aus der Zeit, bevor die Notenbank in die Unabhängigkeit entlassen wurde, – jedoch nichts anderes. Die Kreditlinie spielte eine große Rolle im Tagesgeschäft der Regierung, bis die Schuldenagentur DMO (Debt Management Office) die Kassenhaltung übernahm. Die Fazilität blieb gleichwohl bestehen. Wie stark der Dispo aufgestockt wird, wurde nicht mitgeteilt. In der Finanzkrise holte sich die Regierung auf diese Weise 19,9 Mrd. Pfund.Der W&M-Kontostand wird jeden Montag auf der Website der Notenbank veröffentlicht.Wie das Schatzamt betonte, wird die W&M in jedem Falle nur vorübergehend und für begrenzte Zeit genutzt. Auf diese Weise ließen sich die unmittelbaren Auswirkungen zusätzlichen Finanzierungsbedarfs auf die Geld- und Anleihenmärkte minimieren. “Aber die jüngsten Erfahrungen zeigen, dass, was zeitlich begrenzt war, oft zum Dauerzustand und ausgeweitet werden kann”, schrieben die Volkswirte von Barclays. Man müsse sich nur die Anleihenkäufe der Notenbank ansehen. Tatsächlich sitzt die Bank of England noch heute auf den in der Finanzkrise zur Konjunkturankurbelung gekauften Beständen. Grauschattierungen wichtig”Das Schlüsselwort ist ,vorübergehend'”, sagte David Owen, Europa-Chefvolkswirt bei Jefferies. “Die Arbeitshypothese von Regierung und Bank of England ist, dass alle Gelder, die entnommen werden, im Jahresverlauf zurückgezahlt werden.” Es sei wichtig, die “Grauschattierungen zwischen fiskalpolitischer und geldpolitischer Mittelbeschaffung” zu verstehen, schrieb Simon French, der Chefvolkswirt von Panmure Gordon, auf Twitter, nachdem der Vorwurf der Staatsfinanzierung erhoben wurde. “Es gibt keine definierte Schwelle zu überwinden, aber aus meiner Sicht entspricht der heutige Schritt dem nicht.”Wie das Statistikamt ONS unterdessen mitteilte, schrumpfte die britische Wirtschaft im Februar – dem letzten Monat vor dem Shutdown – um 0,1 %. Volkswirte hatten dagegen im Schnitt mit einem Wachstum von 0,1 % gerechnet. Das Nationale Wirtschafts- und Sozialforschungsinstitut (NIESR) geht davon aus, dass die Pandemie im ersten Quartal zu einer Schrumpfung von 5 % geführt haben könnte. Bleiben weite Teile des öffentlichen Lebens stillgelegt, halten die Ökonomen der Denkfabrik einen Einbruch von 15 bis 25 % im laufenden Quartal für möglich. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus hätten damit die heftigste Kontraktion der wirtschaftlichen Aktivitäten seit 1921 zur Folge. Es gebe allerdings wenig verlässliche Daten, auf die man sich stützen könne. Das hatten Bankvolkswirte bei ihren Versuchen des “Nowcasting” bereits festgestellt. Commerzbank und Jefferies untersuchten unter anderem die Stromerzeugung bzw. den Stromverbrauch, die beide deutlich zurückgegangen sind. Das könnte allerdings zu einem gewissen Grad auch am Wetter gelegen haben. Der nasseste Februar aller Zeiten sorgte für Überschwemmungen und Unterbrechungen im Schienen- und Luftverkehr. Vermutlich wird die Ungewissheit bis zum 12. Mai anhalten, wenn das ONS Daten für März und das erste Quartal vorlegt. Die Arbeitsmarktdaten für März kommen erst am 19. Mai.