DEBATTE ÜBER MONETÄRE STAATSFINANZIERUNG

Bank of Japan wandelt auf einem Sonderweg

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 10.7.2020 Weder die japanische Zentralbank noch die Regierung haben auf die Warnung vor "fiskalischer Dominanz" im Jahresbericht der Zentralbank der Zentralbanken BIZ reagiert. Aber Haruhiko Kuroda,...

Bank of Japan wandelt auf einem Sonderweg

Von Martin Fritz, TokioWeder die japanische Zentralbank noch die Regierung haben auf die Warnung vor “fiskalischer Dominanz” im Jahresbericht der Zentralbank der Zentralbanken BIZ reagiert. Aber Haruhiko Kuroda, Gouverneur der Bank of Japan, lässt keine Jahrestagung der BIZ aus und dürfte von der geäußerten Besorgnis kaum überrascht sein. Allerdings trifft das von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) skizzierte Szenario nur eingeschränkt auf Japan zu. Dort hatten Zentralbank und Regierung schon Anfang 2013 einen Pakt geschlossen, die jahrelang leichte Deflation gemeinsam zu vertreiben. Dafür würde der Staat seine Ausgaben erhöhen und die Zentralbank die Geldmenge drastisch ausweiten, zusätzlich sollten Deregulierungen für frischen Wind in der Wirtschaft sorgen. Die massiven Staatsanleihekäufe, so die offiziell nicht ausgesprochenen Absichten, sollten den Yen schwächen und dadurch die Gewinne der Exporteure steigern sowie das Risiko einer Schuldenkrise massiv verringern.Diese “Abenomics” getaufte Wachstumsstrategie haben Staat und Notenbank seit mehr als sieben Jahren relativ konsequent verfolgt. Zweimal wich die Regierung von der fiskalischen Expansion ab, als sie die Umsatzsteuer auf 10 % insgesamt verdoppelte. Die Bank of Japan steigert inzwischen auch nicht mehr die Geldmenge, sondern setzt auf einen Negativzins sowie eine strikte Kontrolle der Renditekurve. Durch gezielte Anleihekäufe hält sie die 10-jährige Rendite nahe 0,0 % – eine Strategie, wie sie inzwischen zunehmend auch von Notenbankern in den USA und Europa diskutiert wird.Als Reaktion auf die Corona-Pandemie haben die beiden Akteure ihre Kooperation noch einmal verstärkt und dafür erstmals seit 2016 eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Die Regierung zahlt den Japanern direkte Finanzhilfen von insgesamt 57,6 Bill. Yen (umgerechnet rund 480 Mrd. Euro). Die Notenbank stellt kostenloses Geld für Überbrückungskredite von bis zu 100 Bill. Yen (833 Mrd. Euro) bereit.Anders als im Szenario der BIZ zeichnet sich jedoch kein Interessenkonflikt zwischen Notenbank und Regierung ab. Hier wirkt sich die normative Kraft des Faktischen aus: Die japanischen Staatsschulden haben bereits eine solche Höhe erreicht, dass die Notenbank ihren Leitzins kaum erhöhen kann, ohne die Finanzierung des Haushaltsdefizits zum Nulltarif zu gefährden. Diese Zwangslage hat sich durch die Pandemie-Kosten verschärft. Bislang strebte die Regierung an, das Primärdefizit – also ohne Schuldendienst – bis Anfang 2026 auf null zu drücken. Doch nun wird sie dieses Ziel in ihrer Finanzplanung nicht einmal mehr erwähnen. Auch die Inflation sieht man in Japan nicht als Gefahr. Vielmehr wird wegen des Bevölkerungsrückgangs die Deflation das größere Schreckgespenst bleiben.