Bankzentrale konfisziert
Ausnahmesituationen verlangen ungewöhnliche Entscheidungen: Das Land Berlin hat kurzerhand eine Bankzentrale beschlagnahmt, um dem Ansturm der Vielzahl von Flüchtlingen Herr zu werden – eine ehemalige Bankzentrale, um genau zu sein. In der Bundesallee 171 des Stadtteils Wilmersdorf wird eine neue Erstaufnahmestelle im früheren Gebäude der Landesbank Berlin (LBB) eingerichtet. Mit diesem Schritt will das Land das Amt in Moabit entlasten. Rund 2 000 bis 3 000 Flüchtlinge sprechen dort derzeit täglich vor. *Das Gebäude der Landesbank steht seit Jahren leer. Seine besten Zeiten hatte es zuletzt erlebt, als Hubertus Moser an seiner Spitze Anfang der 1990er Jahre auf Drängen des Landes eine Allianz mit dem Chef der Berliner Bank, Wolfgang Steinriede, schmiedete. Das öffentliche und das private Institut in Landesbesitz wurden zur Bankgesellschaft Berlin. In der Aufbruchstimmung der wiedererstarkten Hauptstadt nach dem Mauerfall legten beide Institute aus Berlin (West) ihre neue gemeinsame Zentrale an den Alexanderplatz nach Ost-Berlin – heute der “Mitte”.Am “Alex” hat nun noch die Landesbank Berlin ihren Sitz. Dazwischen liegt eine lange und unrühmliche Geschichte. Die Landesbank ist zur Holding geschrumpft, die das Dach der Berliner Sparkasse und der Immobilienbank Berlin Hyp bildet. Die Berliner Bank sitzt wie früher wieder an der Hardenbergstraße unweit des Bahnhofs Zoo. Sie gehört nun zur Deutschen Bank. Die EU-Kommission hatte nach der Rettungsaktion mit staatlichen Garantien für die Bankgesellschaft, die sich mit unrealistischen Renditezuzusagen verzockt hatte, auf Verkleinerung gedrungen. Die Bankgesellschaft ist Historie. *Eine Augenweide ist das zehnstöckige Bankgebäude in der Bundesallee nicht gerade. 1968 von einem Architekten errichtet, der sonst noch im sozialen Wohnungsbau seinen Wirkungskreis fand, steht der große rotbraune Klotz als Monolith gleich am grünen Volkspark. Zunächst war es der Sitz der Sparkasse Berlin, von 1990 an der neu gegründeten LBB. Formal soll die Immobilie zuletzt der Hypo Real Estate gehört haben. Eigentümer ist heute der Bund. Das Land will das Gebäude nun zum Jahresende kaufen, für einen zweistelligen Millionenbetrag, wie es heißt. Die Beschlagnahmung blockiert eine anderweitige Verfügung. Die Infrastruktur der früheren Bank bietet einiges, das anderen öffentlichen Gebäuden fehlt. In der großen Eingangshalle können Beamte die Flüchtlinge an Schaltern registrieren. Dunkle Holzvertäfelung und polierte Granitböden heißen sie willkommen. Niemand muss im Freien warten, die Winter sind kalt in Berlin. Die übrigen Etagen sollen als Notunterkunft dienen. Küchen, die potenzielle Investoren als überflüssig einstuften, sind für die neue Nutzung von großem Wert. Sogar Duschen sind vorhanden – ein Manko vieler anderer Orte. Sie finden sich in der ehemaligen Vorstandsetage.