LEITARTIKEL

(Be-)Währungsprobe

Die Aufnahme des chinesischen Renminbi - oft kurz Yuan genannt - in den IWF-Währungskorb zum 1. Oktober wird von vielen Seiten als Meilenstein gepriesen. Und tatsächlich: Auch wenn der Aufstieg in den Elite-Club der Weltwährungen unmittelbar nur...

(Be-)Währungsprobe

Die Aufnahme des chinesischen Renminbi – oft kurz Yuan genannt – in den IWF-Währungskorb zum 1. Oktober wird von vielen Seiten als Meilenstein gepriesen. Und tatsächlich: Auch wenn der Aufstieg in den Elite-Club der Weltwährungen unmittelbar nur primär symbolischen Charakter hat, ist er ein kaum zu unterschätzendes Ereignis – für China, für den Internationalen Währungsfonds (IWF) und langfristig womöglich auch für das globale Währungssystem. Damit diese Wegmarke zum erhofften Erfolg wird, müssen aber alle Verantwortlichen weiter ihre Hausaufgaben machen. Selbstgefälligkeit wäre völlig deplatziert und gefährlich.Was China betrifft: Die Aufnahme bringt Peking unmittelbar keine zusätzliche Macht oder Privilegien. Dennoch ist sie von größter Bedeutung: Sie krönt die rasant gewachsene wirtschaftliche Stärke Chinas und würdigt die wichtigen Schritte Pekings hin zur Öffnung des Finanzsystems und das Bestreben, bei der Festlegung des Yuan-Kurses den Marktkräften mehr Raum zu geben. Das interventionistische Gebaren Pekings im Zuge der Kapitalmarktturbulenzen im Spätsommer 2015 hat zwar vereinzelt Zweifel am Willen zur Öffnung der Kapitalmärkte aufkommen lassen. Alles in allem bewegt sich China aber in die richtige Richtung – und das anzuerkennen ist absolut richtig.Peking darf nun aber nicht die Fehler wie nach dem WTO-Beitritt 2001 wiederholen und im Reformeifer nachlassen. Im Gegenteil: China hat eine lange Agenda abzuarbeiten – im Finanzsystem wie in der Wirtschaft. Langfristig wird die Attraktivität des Yuan kaum vom Status als IWF-Währung abhängen, sondern von der Stärke der chinesischen Wirtschaft. Dass sich China inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses betrifft, macht die Sache doppelt kompliziert: Eine weitere Öffnung der Finanzmärkte inklusive des Abbaus von Kapitalverkehrsschranken kann ein zweischneidiges Schwert sein, weil sie auch kurzfristige Kapitalabflüsse erleichtert. Die Verantwortlichen in Peking müssen diesen Spagat schaffen.Was den IWF betrifft: Wenige Tage vor der Jahrestagung nächste Woche beweist der Schritt, dass der IWF reformfähig ist und sich die existierende Weltfinanzarchitektur dem Aufstieg Chinas und anderer Schwellenländer anpassen kann. Das gilt erst recht, nachdem die USA unlängst ihre jahrelange Blockade der 2010er IWF-Quotenreform beendet haben, die Ländern wie China mehr Mitsprache einräumt. Seit der Gründung des Bretton-Woods-Systems haben sich die Machtgewichte in der Welt dramatisch verschoben. Das muss sich im IWF und in anderen Institutionen widerspiegeln. Sonst droht eine weitere Erosion der Finanzarchitektur: Als einzige internationale Institution seiner Art, als globale Finanzfeuerwehr, ist der IWF aber unverzichtbar.Der Fonds muss nun aber darauf pochen, dass China auf Kurs bleibt – zumal die Frage berechtigt ist, inwieweit er bei der Überprüfung der nötigen Kriterien für die Aufnahme fünfe hat gerade sein lassen. Mehr Mitsprache für China bedeutet zudem mehr Verantwortung – daran gilt es Peking immer wieder zu erinnern. Noch mehr aber dürfen der IWF und die Mitgliedsländer keinesfalls nachlassen im Bestreben, die neuen Machtverhältnisse in der Welt abzubilden. Letztlich jedoch braucht es vor allem auch eine Debatte über die zukünftige Rolle des Fonds: In der Weltfinanzkrise hat er ein beeindruckendes Comeback hingelegt. Zugleich aber besteht aktuell die Gefahr, dass er sein Mandat überstrapaziert. Als Kreditinstanz ist der Fonds unverzichtbar. Er darf aber nicht zur Vollkaskoversicherung gegen jeglichen wirtschaftlichen Schlendrian mutieren.Was schließlich das globale Währungssystem betrifft: Es ist illusorisch zu erwarten, dass die Aufnahme des Yuan mit einem Schlag große Umwälzungen bringt. Insbesondere die Dominanz des Dollar als Weltleitwährung ist auf absehbare Zeit unangreifbar. Wenn Peking aber auf Kurs bleibt und seiner neuen Verantwortung als (Mit-)Hüter der globalen Finanzstabilität gerecht wird, kann die Aufnahme langfristig ein Schritt sein hin zu einem System mit mehreren gleichberechtigten Währungen. Ein solches System könnte den Wettbewerb der Länder um solide Finanzen und gute Wirtschaftsbedingungen fördern. Dass die alleinige Dominanz des Dollar für die Welt nicht immer ein Segen ist, hat die vom US-Hypothekenmarkt ausgehende Weltfinanzkrise dramatisch gezeigt.Die Aufnahme des Yuan in den IWF-Korb ist mit allerlei Hoffnungen verbunden. Jetzt müssen alle Beteiligten unbedingt ihren Herausforderungen gerecht werden. Dann und nur dann wird der Schritt der erhoffte Meilenstein sein.——–Von Mark SchrörsDer Renminbi steigt in den Elite-Club der Weltwährungen auf. Für China und den IWF sind damit die Herausforderungen aber nicht erledigt – ganz im Gegenteil.——-