Beifall für den neuen EU-Beihilferahmen

Zulässige Zuschüsse erneut erhöht - Regeln gelten bis Ende 2020 - Anderer Fokus als in Finanzmarktkrise

Beifall für den neuen EU-Beihilferahmen

Von Andreas Heitker, BrüsselDie neuen EU-Beihilferegeln, die die Brüsseler Wettbewerbsbehörde am Donnerstag im Kampf gegen die Coronakrise in Kraft gesetzt hat, haben sowohl von Rechtsexperten als auch von der Politik Beifall erhalten. Hans-Jörg Niemeyer und Lukas Ritzenhoff von der Kanzlei Hengeler Mueller verwiesen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung darauf, dass die EU-Kommission ungewöhnlich schnell reagiert habe und sehr positive Signale sende. “Als erste Sofortmaßnahme sind die Pläne der EU-Kommission sicherlich sehr hilfreich”, betonte Ritzenhoff. Das Problem sei allerdings, dass es bei den Beihilfen in erster Linie um Kredite gehe, die irgendwann auch wieder zurückgezahlt werden müssten.Zuvor hatte auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber den neuen temporären Beihilferahmen als richtigen Schritt bezeichnet. Unternehmen müsse jetzt schnell und unbürokratisch geholfen werden. “Jetzt ist nicht die Zeit für wettbewerbsrechtliche Grundsatzdiskussionen”, betonte Ferber.Laut EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager dürfen Mitgliedstaaten künftig direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile von bis zu 800 000 Euro pro Unternehmen einführen, um dringenden Liquiditätsbedarf zu decken. Damit stockte die Brüsseler Behörde den zunächst genannten Betrag von 500 000 Euro noch einmal deutlich auf. Zudem darf es staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen, vergünstigte öffentliche Darlehen an Unternehmen und Zusicherungen für Banken geben, die staatliche Beihilfen an die Realwirtschaft weiterleiten.Der neue Beihilferahmen gilt bis Ende Dezember 2020 und damit ebenfalls drei Monate länger als eigentlich vorgesehen. Hengeler-Mueller-Experte Niemeyer sagte, es gebe keine gesetzlichen Vorgaben, wie lange ein temporärer Beihilferahmen in Kraft sein könne. “Dies könnte auch ein Beihilferahmen für mehrere Jahre werden.”Jens Peter Schmidt, Co-Leiter des Brüsseler Büros der Kanzlei Noerr, verwies unterdessen darauf, dass von den neuen Beihilferegeln begünstigte Unternehmen nicht bereits Ende 2019 in Schwierigkeiten gewesen sein dürften. Bei Unterstützungsmaßnahmen für Banken, die wegen der Coronakrise selbst Beihilfen benötigten, werde die EU-Kommission nicht nach dem befristeten Rahmen prüfen. Insbesondere für Airlines sei zudem wichtig, dass für diese Fördermaßnahmen das für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geltende Prinzip der einmaligen Beihilfe nun nicht gelte.Hengeler-Mueller-Experte Niemeyer verwies darauf, dass die EU-Kommission mit dem neuen Beihilferahmen einen anderen Fokus gewählt habe als in der Finanzmarktkrise 2008/09. “Damals zielten die vorübergehenden Änderungen im Beihilferecht vor allem auf die Rettung von Banken ab. Hilfen für die Realwirtschaft gab es damals zwar auch. Sie waren aus beihilferechtlicher Sicht aber eher zu vernachlässigen.”Nach Angaben von Niemeyers Kollegen Ritzenhoff müssen die Unterstützungsmaßnahmen, die jetzt von den Mitgliedstaaten gebilligt werden können, zwar eine grundsätzliche Verbindung zur Coronakrise haben. “Dies kann aber recht weit ausgelegt werden”, so Ritzenhoff in dem Gespräch. Auch mittelbare Schäden könnten einbezogen werden.