TAYLOR-REGEL

Benchmark für die Notenbanken

ms - Die Taylor-Regel (Taylor-Rule) ist wahrscheinlich die bekannteste geldpolitische Regel überhaupt. Die 1993 von John Taylor vorgestellte Regel postuliert, dass eine Notenbank den kurzfristigen Zinssatz in Abhängigkeit von der aktuellen...

Benchmark für die Notenbanken

ms – Die Taylor-Regel (Taylor-Rule) ist wahrscheinlich die bekannteste geldpolitische Regel überhaupt. Die 1993 von John Taylor vorgestellte Regel postuliert, dass eine Notenbank den kurzfristigen Zinssatz in Abhängigkeit von der aktuellen Inflations- und Konjunktursituation setzen sollte. Der Taylor-Zins ergibt sich dabei aus realem Gleichgewichtszins plus (erwarteter) Inflationsrate plus Produktionslücke plus Inflationslücke (wobei die beiden letzteren Größen mit einem positiven Gewichtungsfaktor eingehen).Taylor konzipierte seine Regel für die Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Sie bildete die Entscheidungen der Fed zwischen 1998 und 1993 gut nach – ein Zeitraum, in dem Inflation und Wachstum effektiv stabilisiert wurden. Weil sie als Bewertungsmaßstab und zur Beschreibung der Geldpolitik von Nutzen war, erhielt sie sehr viel Aufmerksamkeit. Die Taylor-Regel wird häufig als Benchmark für die laufende Geldpolitik verwendet – auch von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der Zentralbank der Zentralbanken. In den Jahren vor der Weltfinanzkrise setzte die Fed den Geldmarktzins deutlich unterhalb des Niveaus fest, das die Taylor-Regel implizierte. Das gilt vielen Ökonomen und auch Taylor selbst als wesentlicher Grund für die folgende Krise. Auch im Euroraum sei die Geldpolitik vor der Krise gemessen an der Taylor-Regel zu locker gewesen, hat der deutsche Sachverständigenrat vorgerechnet. Auch die aktuelle Geldpolitik von Fed und EZB sowie die globale Geldpolitik insgesamt gilt gemessen daran als zu locker (siehe Grafik).Die Regel, die es inzwischen in verschiedenen Abwandlungen gibt, ist aber nicht unumstritten. Als Mängel gelten Kritikern etwa Unsicherheiten bei ihrer Berechnung und konzeptionelle Schwächen. Ein Problem besteht etwa darin, den neutralen kurzfristigen Zins zu bestimmen. Viele Notenbanker sehen den Taylor-Zins deshalb auch eher als grobe Orientierungsgröße und lehnen die Regel als Handlungsanleitung ab – zumal im Sinne einer formelartigen Vorab-Festlegung.Ein 2015 in den US-Kongress eingebrachter Gesetzesvorschlag sieht vor, die Fed darauf zu verpflichten, eine eigene Regel zu kommunizieren und Abweichungen davon ebenso wie von der Taylor-Regel regelmäßig zu kommunizieren. Damit würde die praktische Bedeutung der Taylor-Regel und generell von Zinsregeln deutlich steigen.