Sanktionen

Berlin feilt an eigener Rechtsgrundlage

Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Bundestag einen neuen Rechtsrahmen für bessere Handlungsmöglichkeiten im Fall von Sanktionen angekündigt. Bislang sind der Regierung teilweise die Hände gebunden.

Berlin feilt an eigener Rechtsgrundlage

BZ Berlin

Die Bundesregierung will zur besseren Durchsetzung der gegen Russland beschlossenen Sanktionen ein eigenes Gesetz ausarbeiten. Das kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch bei der Regierungsbefragung im Bundestag an. „Haben wir alle notwendigen Instrumente, um aktiv handeln zu können, wie wir das wollen? Nein.“ Deshalb habe die Regierung bereits eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Sanktionen eingesetzt, erklärte Scholz laut Reuters. „Der Plan der Regierung ist ein Sanktionen-Durchsetzungsgesetz.“ Mit diesem sollten neue Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Die Taskforce stellte am Mittwoch im Kabinett einen Bericht vor. Bei der Durchsetzung der Sanktionen gegen russische Oligarchen und Unternehmen gebe es eine Reihe von Schwachstellen, heißt es darin Reuters zufolge. „Ein zentrales Problem ist, dass es keine eigenständigen Rechtsgrundlagen für die Vermögensermittlung im Sanktionsbereich gibt.“ Damit müssten die Behörden auf allgemeine Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Auch der Datenaustausch zwischen den Behörden sei verbesserungswürdig. Besonders problematisch seien Fälle, in denen Vermögen verschoben oder verschleiert werde.

Zeitplan noch offen

Der Zeitplan für das neue Gesetz ist noch offen. Im Umfeld des Finanzministeriums, das neben dem Wirtschaftsministerium federführend bei der Taskforce ist, hieß es, es sei eine zügige Ausarbeitung geplant. Die Taskforce besteht seit Mitte März. Ein Fokus liege derzeit auf dem Einfrieren von Vermögen, heißt es in dem Bericht für das Kabinett. Nach bisherigen Angaben der Bundesregierung können Oligarchen, die im Zuge des Krieges in der Ukraine von EU-Sanktionen gegen Russland betroffen sind, ihr Eigentum in den meisten Fällen noch selbst nutzen. Dementsprechend dürfe eine Jacht noch im Hafen liegen, aber nicht mehr verchartert werden. Erwogen werden nun spezielle Eingriffsmöglichkeiten, etwa zur Anordnung von Zwangsverwaltungen, verlautete aus Regierungskreisen. Dies gehe bislang nur bei Strafverfahren.

Unterdessen prüft die Bundesregierung weitere militärische Unterstützung für die Ukraine. „Wir arbeiten jeden Tag mit Hochdruck daran, weitere Waffen liefern zu können“, sagt Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in einer Aktuellen Stunde des Bundestags zu den Geschehnissen in Butscha. Dazu sei die Bundesregierung in einem ständigen Austausch mit der ukrainischen Regierung, den Partnern und der Rüstungsindustrie.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ließ am Mittwoch offen, ob an eine Verstaatlichung der Raffinerie im ostdeutschen Schwedt gedacht wird, um die Verarbeitung von russischem Öl zu stoppen. „Die Möglichkeiten sind vielfältig, und wir (…) beobachten die Situation sehr genau“, sagt Habeck vor Journalisten. Die Raffinerie versorgt Berlin, Brandenburg sowie Teile Polens und gehört mehrheitlich zum russischen Energiekonzern Rosneft. Einen sofortigen Einfuhrstopp für russische Energieträger lehnt Habeck weiterhin ab. Deutschland müsse erst seine Abhängigkeit bei Gas, Öl und Kohle weiter reduzieren.