EIN JAHR TRUMP

Berlin pflegt sachliche Beziehungen

Weltweite Krisenherde ketten Merkel und Trump aneinander

Berlin pflegt sachliche Beziehungen

Von Angela Wefers, BerlinFolgt man den offiziellen Verlautbarungen, sind die jüngsten Kontakte der Bundesregierung mit US-Präsident Donald Trump trauriger Natur. Sie beschränken sich auf Kondolenztelegramme. Bundeskanzlerin in Angela Merkel (CDU) sandte Trump gleich drei davon – im Oktober und November anlässlich von Schießereien und Anschlägen in New York, Texas und Las Vegas. Die unberechenbare Regierungsführung des US-Präsidenten hat die freundschaftlichen transatlantischen Beziehungen abgekühlt und zumindest im sichtbaren Teil auf das rein Sachliche reduziert.Mit Trump läuft es nicht rund, aber ohne ihn geht es eben auch nicht. Zu bedeutend ist die Rolle der USA in der Welt. Fünf Telefonate machte der deutsche Regierungssprecher im ersten Amtsjahr des US-Präsidenten zwischen Merkel und Trump bekannt. Alle galten Krisenherden in der Welt. Sie tauschte sich aus über das Nuklearabkommen mit Iran, den Krieg in Syrien, Atomwaffentests von Nordkorea, die Beziehung zu Israel, die Lage in Afghanistan und die Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine. Gleich zweimal versuchte Merkel den US-Präsidenten mit – dem bis dato ungewöhnlichen Vorgang – einer öffentlichen Erklärung zur Räson zu bringen: wegen des Ausscherens aus dem Nuklearabkommen mit Iran und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Beim Abkommen mit Iran versicherte sich Merkel des europäischen Rückhalts in Paris und London.Besuche gab es zwei seit Amtsantritt von Trump. Merkel reiste im März nach Washington. Trump kam Anfang Juli zum G 20-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft nach Hamburg. Dort hätte er Merkel fast die Show verdorben. Die Abschlusserklärung der größten Industrie- und Schwellenländer stand wegen der handelspolitischen Ideen von Trump auf der Kippe. Nur eine Fassung mit der abweichenden Haltung der USA konnte das Kommuniqué retten. Trump pfeift auf regelbasierte Systeme, wie sie etwa die Welthandelsorganisation WTO bewahrt, und will in bilateralen Abkommen seine eigene Welt erschaffen nach der Vorgabe “America first”.Zudem musste sich die Bundesregierung in den vergangenen zwölf Monaten direkter Anwürfe Trumps erwehren – wegen hoher Leistungsbilanzüberschüsse und angeblicher Währungsmanipulation. Ersteren Vorwurf suchten die Berliner Ministerien für Finanzen und Wirtschaft per Positionspapier zu entkräften, das die Überschüsse als Ergebnis von Wettbewerbsfähigkeit klassifiziert. Letzterer Vorwurf versandete.Sehr genau verfolgten die Regierungsstellen in Berlin die US-Unternehmenssteuerpläne in Washington, die im ersten Anlauf zahlreiche protektionistische Elemente für ausländische Firmen vorsahen. Eine Reihe von Punkten, die der deutschen Wirtschaft Sorge bereitet hatten, blieben jedoch auf der Strecke, darunter die gefürchtet Grenzausgleichssteuer. Ein gemeinsames Schreiben der Finanzminister der großen EU-Staaten an ihren US-Amtskollegen Steven Mnuchin in der kritischen Phase dürfte Wirkung gezeitigt haben. Verbliebene Punkte prüft die EU.Ruhig ist es derzeit um die Pläne Trumps, die Finanzmarktregulierung zu lockern. Auch dies verfolgen deutsche Regierungsstellen mit Argusaugen. Eine Schieflage in der Regulierung würde europäischen Finanzhäusern Wettbewerbsnachteile bringen. Eine zu laxe Regulierung in den USA könnte zudem über Ansteckungseffekte das Finanzsystem wieder ganz ins Wanken bringen. Der Austausch mit dem Regierungsapparat unter Trump läuft weiterhin, ist aus Berliner Regierungskreisen zu hören – das ist ein gutes Zeichen.