Berlin und Paris beugen Gasnotstand vor
wf Berlin
Deutschland und Frankreich haben sich auf eine enge Kooperation zur Vorbereitung auf einen möglichen Lieferstopp von russischem Erdgas verständigt. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein französischer Kollege Bruno Le Maire vereinbarten einen täglichen Austausch ihrer Krisenstäbe. „Und das bedeutet natürlich auch, dass wir (…), falls schlimmere oder gravierendere Maßnahmen ergriffen werden müssen, diese auch koordiniert ergreifen wollen“, sagte Habeck vor der Presse in Berlin. „Es macht keinen Sinn, dass wir uns gegenseitig unter- oder überbieten.“ Le Maire stellte in Aussicht, dass staatliche Unterstützung im Fall eines Lieferstopps von russischem Erdgas auf Unternehmen mit hohem Verbrauch ausgerichtet werde.
In Deutschland hatte Habeck am Mittwoch die Frühwarnstufe für eine mögliche Rationierung von Erdgas ausgerufen, um einen Lieferstopp abzufedern. Dies umfasst zunächst einen engen Austausch von Wirtschaft und Bundesregierung über die aktuelle Lage sowie Daten. Kremlchef Wladimir Putin hat die Zahlung von russischem Erdgas in Rubel verlangt und droht, andernfalls den Gashahn zuzudrehen. Rubel-Zahlungen lehnen die in der G7 verbundenen Industrieländer ab. Die Lieferverträge sehen Zahlungen in Euro oder Dollar vor. Zur Konvertierung hätte die EU die selbst verhängte Sanktion gegen die russische Zentralbank brechen müssen. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und Le Maire bekräftigten in Berlin ihre Haltung, dass Lieferungen – wie in den Verträgen vorgesehen – weiterhin nur in westlicher Währung bezahlt werden.
Putin reagierte am Donnerstag mit einem Dekret, wonach von 1. April an die Gasabnehmer Rubel-Konten bei russischen Banken eröffnen müssen. Faktisch kommt dafür vor allem die Gazprombank infrage, die von den EU-Sanktionen ausgenommen ist. Die westlichen Abnehmer können weiterhin in Euro oder Dollar zahlen; die Bank kann die Mittel in Rubel konvertieren und weiterleiten. „Wir werden im Einzelnen prüfen, was vorgeschlagen und gefordert worden ist“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei einem Pressestatement in Berlin mit Le Maire zu der neuen Zahlungsmodalität. „Verträge werden so erfüllt, wie sie geschlossen worden sind.“
Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes forderte die russische Regierung auf, bestehende Gaslieferverträge unverändert zu respektieren. „Russland gefährdet mit einseitigen Änderungen die jahrzehntelangen Energiebeziehungen mit Deutschland und der EU und beschleunigt den Ausstieg aus diesem Geschäftsmodell“, sagte Hermes in Berlin. „Dies wird auch die russische Wirtschaft selbst massiv treffen.“ Russland könne nicht von heute auf morgen seinen Gasabsatz und sein Kundenportfolio neu ausrichten.