Materialknappheit

„Beschaffungskrise ist Gefahr für den Aufschwung“

Der Materialmangel in der deutschen Industrie verschärft sich weiter, so dass immer mehr Unternehmen die Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben wollen. Dies droht auf die gesamte Konjunktur durchzuschlagen: „Die Beschaffungskrise stellt eine...

„Beschaffungskrise ist Gefahr für den Aufschwung“

ba Frankfurt

Der Materialmangel in der deutschen Industrie verschärft sich weiter, so dass immer mehr Unternehmen die Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben wollen. Dies droht auf die gesamte Konjunktur durchzuschlagen: „Die Beschaffungskrise stellt eine reale Gefahr für den Aufschwung dar“, warnte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Im August klagten 69,2% der Industriefirmen über Engpässe und Probleme bei Vorprodukten und Rohstoffen – dies ist ein Rekord nach 63,8% im Juli. Zum Vergleich: Laut Ifo-Institut wurden in früheren Aufschwung- oder Boomphasen selten Werte von 15% überschritten. Die Auftragsbücher sind so dick wie nie, doch die Industrie kommt seit Monaten mit der Fertigung nicht hinterher.

Derzeit habe sich die Schere zwischen Auftragseingängen und Produktionsentwicklung so weit geöffnet wie selten zuvor, stellt Michael Holstein, Chefökonom der DZBank, in einer Studie fest. Seit Jahresanfang haben sich die Orderbücher um mehr als 11% gefüllt, die Produktion hingegen ging per saldo um knapp 2% zurück. Der tiefe Einbruch und die schnelle Erholung im Coronajahr 2020 seien bei Produktion und Auftragseingang hingegen im Einklang gelaufen, schreibt Holstein.

Am härtesten trifft es die Autoindustrie und deren Zulieferer: 91,5% der Unternehmen klagten über Probleme. Hier wurde der Output seit Jahresbeginn um gut 17% gedrosselt. Und während in der gesamten Industrie die Kapazitätsauslastung im Juli um 1,2 Punkte auf 87,1% gestiegen ist, fiel diese in der Automobilbranche von 89,8 auf 85,6%. Auch sieht das Ifo-Institut bei den Autobauern vergleichsweise we­nig Spielraum für Preiserhöhungen, wohingegen insbesondere Un­ter­nehmen der Elektroindustrie und der Metallbranche, aber auch des Ma­schinenbaus die gestiegenen Einkaufspreise an die Kunden weitergeben. Die Ifo-Preiserwartungen sind auf einen Rekordwert geklettert.

Dass die Preise für Halbleiter gemäß der amtlichen Einfuhrpreisstatistik bislang nicht nennenswert gestiegen sind, erklärt Holstein neben der sehr heterogenen Zusammensetzung dieser Kategorie mit einem Verzögerungsaspekt: Mangels Angebot bzw. Produktionskapazitäten fänden tatsächlich keine Käufe/Importe zu höheren Preisen statt.