Klimagipfel

Biden setzt Klimasünder unter Druck

US-Präsident Joe Biden will Zwischenziele für die Begrenzung von CO2-Emissionen einführen und hofft, bei seinem virtuellen Klimagipfel auch andere Länder für schärfere Auflagen zu gewinnen.

Biden setzt Klimasünder unter Druck

Von Peter De Thier, Washington

10 Millionen Arbeitsplätze, kräftiges Wirtschaftswachstum, das sich auf Investitionen in erneuerbare Energien stützt, und Klimaneutralität bis 2050 lauteten im Wahlkampf die ambitionierten Ziele des damaligen Kandidaten Joe Biden. Als 46. Präsident der USA hat Biden mit dem Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen, der Ernennung eines Sonderbeauftragten für Umweltschutz und zahlreichen Dekreten zum Kampf gegen den Klimawandel seinen Worten bereits Taten folgen lassen. Mit einem virtuellen Gipfeltreffen am Donnerstag, zu dem er mehr als 40 Staats- und Regierungschefs eingeladen hat, unter ihnen Chinas Staatschef Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin, will Biden Druck auf die größten Klimasünder ausüben und ein klares Zeichen setzen: Um Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel zu erzielen, ist internationale Kooperation unverzichtbar.

Leicht haben wird es der Präsident nicht. Meistern muss er nämlich den Spagat zwischen Ländern, die in Absprache mit Washington ehrgeizigere Emissionsziele einführen wollen, etwa Japan, Kanada und Südkorea, und großen Klimasündern wie China, Indien und Brasilien. Folglich laufen seit Monaten hinter den Kulissen Bemühungen, auf diplomatischem Wege von Partnerländern Zugeständnisse zu erhalten. So ist John Kerry, Bidens Sonderbeauftragter für Klimafragen, in sechs Länder gereist und trifft unmittelbar vor dem Gipfel mit Regierungsvertretern in China sowie Südkorea zusammen.

Einige, unter ihnen Japan und Kanada, hat er überreden können, mit Blick auf die anvisierte Klimaneutralität in 30 Jahren ihre Zwischenziele zu verschärfen. Schwieriger gestalten sich aber Verhandlungen mit den größten Emittenten, allen voran China. 2020 war das Reich der Mitte weltweit für 28% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich und lag deutlich vor den USA, mit 15% auf Rang 2.

Einerseits wollen Biden und Kerry Peking für ihre Klimaziele gewinnen, müssen aber gleichzeitig Interessenkonflikte berücksichtigen. Dazu zählt Chinas Rolle als zweitgrößter Gläubiger der USA, der 1,1 Bill. Dollar an US-Staatsanleihen hält und dies als politischen Hebel nutzen kann, um sich in anderen Bereichen aus der Verantwortung zu stehlen.

Zudem verlief im März ein US-chinesisches Gipfeltreffen in Alaska, bei dem auch über Protektionismus und Menschenrechtsfragen gestritten wurde, alles andere als vielversprechend. Anschließend wiesen US-Regierungsvertreter sogar Berichte zurück, wonach man sich auf die Bildung einer Arbeitsgruppe verständigt habe, die sich mit Klimawandel befassen soll. Wenig aussichtsreich erscheinen auch Verhandlungen mit Indien und Brasilien. Dass Biden überhaupt bereit ist, mit Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, der als Klimawandelleugner bekannt ist, Gespräche aufzunehmen, hat bei Umweltorganisationen große Irritationen ausgelöst.

Während das Weiße Haus Erwartungen an politische Durchbrüche bei dem Klimagipfel bewusst herunterspielt, will Biden zumindest mit gutem Beispiel vorangehen. Erwartet wird, dass der Präsident unmittelbar vor dem Gipfel ein neues Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität bekannt geben wird. Regierungskreisen zufolge könnte dies darin bestehen, den CO2-Ausstoß bis 2030 gegenüber dem Stand von 2005 um 50% zu reduzieren.

Bericht zum Finanzsystem

Ferner will Biden, der im Kampf gegen den Klimawandel auch im eigenen Land mit dem Widerstand der republikanischen Opposition zu kämpfen hat, mit Dekreten vorpreschen. So soll Finanzministerin Janet Yellen in 180 Tagen einen Bericht über klimabezogene Risiken für das Finanzsystem vorlegen. Andere Behörden sollen den Einfluss der Fondsmanager begrenzen und sich mit der Frage befassen, welche Risiken andauernde Investitionen in fossile Energieträger für die gesetzliche Rentenversicherung haben. Nur mit Initiativen im eigenen Land sowie der Verkündung eines ehrgeizigen Emissionsziels bis 2030 könne der Gipfel glaubwürdig sein „und auch andere Länder unter politischen Druck setzen, Fortschritte zu erzielen“, ist Kate Larsen, Co-Architektin von Präsident Barack Obamas Umweltpolitik, überzeugt.