FRANKREICH HAT GEWÄHLT

Blick richtet sich nun nach Italien

Starke antieuropäische Kräfte in vielen EU-Staaten

Blick richtet sich nun nach Italien

fed Frankfurt – Erleichterung in Brüssel, aber keine Entwarnung: Zwar ist bei den ersten beiden nationalen Wahlen dieses Jahres, die zwischenzeitlich zu “Schicksalswahlen für die Zukunft der EU” erklärt worden waren, aus Sicht der EU-Spitzenvertreter eine Katastrophe ausgeblieben. So ist der rechtsnationale Geert Wilders vor zwei Monaten bei den niederländischen Parlamentswahlen mit seiner Partij voor de Vrijheid lediglich auf einem Platz im Mittelfeld gelandet – mit deutlichem Abstand hinter den Rechtsliberalen. Und nun musste sich auch die Spitzenkandidatin des Front National, Marine Le Pen, bei der Stichwahl um das Amt des französischen Präsidenten klar geschlagen geben. Daraus jedoch bereits abzuleiten, dass erklärte EU-Gegner gegenwärtig keine Chance haben, in einem EU-Mitgliedsland an die Macht zu gelangen, wäre voreilig. Denn Parteien, die sich mit antieuropäischen Forderungen profilieren, zählen nach wie vor vielerorts in den nationalen Umfragen zu den stärksten politischen Kräften.Das gilt vor allem für Italien, wo die Fünf-Sterne-Bewegung unter Beppe Grillo, der sich unter anderem für ein Referendum für den Ausstieg aus der Eurozone starkmacht, in den Umfragen um die Marke von 30 % pendelt. Die EU-Kritiker liegen damit nahezu gleichauf mit dem sozialdemokratischen Partito Democratico von Matteo Renzi. Gewählt wird in Italien im Frühjahr 2018 – sofern es keine vorgezogenen Neuwahlen gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wähler bereits im Laufe dieses Jahres an die Wahlurnen gerufen werden, sind zuletzt jedoch eher gesunken. Selbst Renzi, der noch vor einigen Monaten das Thema Neuwahlen am Köcheln hielt, scheint das Interesse daran verloren zu haben.Aus Brüsseler Sicht besonders bedenklich ist, dass die Fünf-Sterne-Partei nur eine von mehreren politischen Kräften darstellt, die sich kritisch oder ablehnend gegenüber der EU positionieren. Die Rechtsaußenpartei Lega Nord ist in vielen Forderungen sogar noch radikaler als Grillos Bewegung. Zudem lässt sich auch die rechtskonservative Forza Italia nicht in das Lager der EU-Freunde einsortieren.Nicht viel erfreulicher ist aus Brüsseler Perspektive der Blick nach Österreich. Dort dominiert ebenfalls gegenwärtig eine rechtspopulistische Partei die aktuellen Umfragen – die FPÖ liegt ebenfalls nahe 30 % und damit einen Tick vor den Sozialdemokraten. Wahltermin für den österreichischen Nationalrat ist eigentlich im Herbst nächsten Jahres. Aber wie fast schon traditionell in Deutschlands südlichem Nachbarland gibt es eine lebhafte Debatte über vorgezogene Neuwahlen.Verglichen mit Italien und Österreich können EU-Kommission, EU-Parlament und alle anderen Fürsprecher der europäischen Integration recht entspannt der Bundestagswahl im September entgegensehen. Denn hierzulande rangieren die EU-Kritiker in den Umfragen bei deutlich niedrigeren Stimmanteilen.