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Bloomberg erwägt Rennen ums Weiße Haus

Von Peter De Thier, Washington Börsen-Zeitung, 9.11.2019 Mit der erwarteten Kandidatur des Multimilliardärs Michael Bloomberg (77) könnten im Rennen um die US-Präsidentschaft die Karten bald neu gemischt werden. Vor Ablauf der einschlägigen...

Bloomberg erwägt Rennen ums Weiße Haus

Von Peter De Thier, WashingtonMit der erwarteten Kandidatur des Multimilliardärs Michael Bloomberg (77) könnten im Rennen um die US-Präsidentschaft die Karten bald neu gemischt werden. Vor Ablauf der einschlägigen Anmeldefrist haben Bloombergs Mitarbeiter nun zumindest sichergestellt, dass er in Alabama auf dem Stimmzettel steht – und andere Staaten, die Vorwahlen abhalten werden, dürften in den nächsten Wochen folgen. Zwar hatte der Finanzier, der mit der Erfindung des Bloomberg-Nachrichtenterminals ein Vermögen verdient, das heute auf 53 Mrd. Dollar geschätzt wird, noch im März eine Kandidatur ausgeschlossen. Mittlerweile sei er aber zu der Erkenntnis gelangt, dass Präsident Donald Trump “eine einzigartige Bedrohung für unsere Nation darstellt”. Aus dem Umfeld des Unternehmers heißt es zudem, dass Bloomberg Ex-Vizepräsident Joe Biden für “zu schwach” und Senatorin Elizabeth Warren für zu linksliberal hält, um sich gegen Trump durchsetzen zu können.Howard Wolfson, ein politischer Berater des ehemaligen Investmentbankers, sagte, dass “wir nun die gemeinsame Aufgabe, nämlich sicherzustellen, dass Trump besiegt wird, erfolgreich zu Ende führen”. Laut Wolfson sei Bloomberg besorgt, dass sich im derzeitigen Feld von 17 demokratischen Kandidaten “keiner befindet, der dazu imstande wäre”.Bloomberg studierte an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore und erwarb seinen Masterabschluss in Betriebswirtschaft an der renommierten Harvard-Universität. Mit 31 Jahren stieg er in die Geschäftsführung des Wertpapierhauses Salomon Brothers auf und leitete dort den Aktienhandel. Acht Jahre später wurde er im Gefolge der Übernahme der Investmentbank durch den Rohstoffhändler Phibro entlassen. Eine Abfindung erhielt Bloomberg zwar nicht, gründete aber mit seinen Anteilen im Wert von etwa 10 Mill. Dollar die Finanzdienstleistungsfirma Bloomberg L.P.Politisch aktiv war der Finanzier schon als junger Mann und gehörte zunächst der demokratischen Partei an. Nach den Terroranschlägen von 9/11 bewarb sich Bloomberg allerdings als Republikaner erfolgreich für das Bürgermeisteramt in New York und führte in der größten US-Metropole zwölf Jahre lang die Regierungsgeschäfte. Während seiner Amtszeit trat er aus der Partei aus und regierte fünf Jahre lang als Unabhängiger. 2018 kehrte er schließlich zu den Demokraten zurück. Politisch moderatDer Milliardär gilt in sozialen Fragen als politisch moderat. Er plädiert für Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, fordert schärfere Waffengesetze und würde illegalen Einwanderern die Einbürgerung ermöglichen. Konservativer ist Bloomberg in fiskalischen Fragen. Er verlangt unter anderem Maßnahmen zur Bekämpfung der ausufernden US-Staatsschulden. Als Bürgermeister hatte er dies auch erfolgreich vorexerziert und ein Defizit von 6 Mrd. Dollar in einen Überschuss verwandelt. Politische Beobachter geben ihm deswegen gute Chancen, weil Bloomberg populär ist und sowohl 2012 als auch 2016 mit einer Kandidatur für die Präsidentschaft geliebäugelt hatte. Folglich verfügt er in vielen US-Staaten bereits über die notwendige Infrastruktur, um sofort in den Wahlkampf einzusteigen.Dass eine mögliche Bloomberg-Kandidatur vor allem Demokraten Sorgen bereitet, unterstreicht die Reaktion von Senator Bernie Sanders, der neben Warren und Biden bisher zu den demokratischen Favoriten zählte. Bloomberg erwäge, ins Rennen einzusteigen, “weil die Milliardärsklasse Angst hat, und das zu Recht”, twitterte Sanders. Sanders will die reichsten US-Bürger mit höheren Steuern stärker zur Kasse bitten und vertritt die Auffassung, dass “es keine Milliardäre geben” sollte.