Konjunktur

Börsianer sind im November etwas weniger skeptisch

Börsianer bewerten im November die Aussichten für die deutsche Konjunktur etwas weniger pessimistisch, das Lageurteil bleibt nahezu unverändert. Das spricht aber lediglich für eine Stabilisierung der Wirtschaft.

Börsianer sind im November etwas weniger skeptisch

Börsianer sind etwas weniger skeptisch

ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland steigen stärker als erwartet – Lage kaum verändert – Euro-Wirtschaft schrumpft

Börsianer bewerten im November die Aussichten für die deutsche Konjunktur etwas weniger pessimistisch, das Lageurteil bleibt nahezu unverändert. Das spricht aber lediglich für eine Stabilisierung. Etwas verhaltener fällt die ZEW-Umfrage für die Euro-Wirtschaft aus, die im dritten Quartal um 0,1% geschrumpft ist.

ba Frankfurt

Finanzmarktexperten blicken trotz der mauen Konjunkturlage im November erneut etwas zuversichtlicher auf die weitere Entwicklung der deutschen Konjunktur – und auch auf das Euro-Pendant. Ökonomen lesen aus dem unerwartet starken Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen eine Stabilisierung heraus, mehr aber auch noch nicht. Denn im dritten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sowohl in Deutschland als auch im Euroraum um 0,1% im Quartalsvergleich geschrumpft. Da die globale Konjunktur weiter schwächelt und die im Rahmen der Zinswende gestiegenen Finanzierungskosten die Wirtschaft noch länger bremsen werden, dürfte sich der erwartete Aufschwung noch um einiges weiter nach hinten verschieben.

Erstmals wieder positiv

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland kletterten im November um 10,9 auf plus 9,8 Punkte. Damit liegt das Barometer erstmals seit April wieder im positiven Bereich, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter 174 Analysten und Anlegern mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 5,0 Zähler gerechnet. "Es erhärtet sich der Eindruck, dass die Talsohle der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland erreicht ist", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach. Die gestiegenen Konjunkturerwartungen würden begleitet von deutlich optimistischeren Aussichten für den deutschen Industriesektor sowie die in- und ausländischen Aktienmärkte. "Auch bei der Inflation sowie den kurz- und langfristigen Zinsen scheinen Wendepunkte bei den Erwartungen erreicht", ergänzte Wambach.

Die aktuelle Lage indes wurde stabil eingeschätzt: Das Barometer legte um 0,1 auf –79,8 Punkte zu. Ökonomen hatten hier mit einem neuen Stand von –77,0 Punkten gerechnet. Bantleon-Analyst Jörg Angelé sieht hier weiter einen Mechanismus am Werk: "Da die vom ZEW befragten Analysten die wirtschaftliche Lage nach wie vor so ungünstig beurteilen wie selten zuvor, ist es für viele von ihnen offenbar logisch, dass sich die Konjunktur nicht noch weiter eintrüben kann – die Erwartungen hellen sich daher auf." Positiv dürfte sich darüber hinaus das in der vergangenen Woche von der Bundesregierung beschlossene Strompreispaket für Industrieunternehmen ausgewirkt haben. "Aufgrund der weiterhin grottigen Lagebeurteilung hat der Erwartungsanstieg kaum einen Wert", urteilt Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die ZEW-Befragung festige die Aussicht auf eine vorerst bestenfalls stagnierende Wirtschaftsleistung.

"Ritt auf der Rasierklinge"

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Er vergleicht den Konjunkturverlauf mit "dem berühmten Ritt auf der Rasierklinge zwischen leichtem Wachstum und rückläufigen Bruttoinlandsprodukt. Mehr liegt derzeit nicht drin." Dass die Energiepreise binnen Jahresfrist merklich gefallen sind und sich die Zinssituation nicht weiter verschärft habe, spielten bei dem besseren Ausblick eine Rolle. "Die EZB signalisiert mittlerweile recht unverklausuliert, dass das Zinshoch erreicht ist", betonte Gitzel. Dies stehe im Zusammenhang mit dem geringeren Inflationsdruck, der für die Stabilisierung wichtiger Konjunkturvorlaufindikatoren ebenfalls eine zentrale Rolle spiele. Die Kaufkraft wird mittlerweile weniger stark geschmälert als zuletzt, und bei weiter fallenden Inflationsraten sind auch wieder Reallohnzuwächse möglich. "Das würde konjunkturell positiv wirken", so Gitzel. Im dritten Quartal hatte der Privatkonsum das BIP noch gebremst. Als weiterer Belastungsfaktor gilt auch eine langsamere Gangart der Wirtschaft in den USA und China. Börsianer bewerteten die Aussichten für China besser und für die USA schlechter als zuletzt.

Erstschätzung bestätigt

Für den Euroraum zeigt die ZEW-Umfrage ein gemischtes Bild: Der Lageindikator gab um 9,4 auf −61,8 Punkte nach – was bei der Bewertung der um 11,5 auf 13,8 Zähler gestiegenen Erwartungen berücksichtigt werden muss, wie Wambach betonte. Das Euro-BIP war in den drei Monaten bis September saisonbereinigt um 0,1% zum Vorquartal geschrumpft. Das Statistikamt Eurostat bestätigte damit wie erwartet eine erste Schätzung von Ende Oktober. Im Frühjahr hatte das BIP noch um 0,2% zugelegt. Im Jahresvergleich stieg das BIP im Sommer um 0,1%; im zweiten Vierteljahr waren es noch +0,5%. Die Erwerbstätigkeit wiederum hat dynamischer zugelegt als zuletzt: Eurostat vermeldet für den Sommer ein Plus von 0,3% im Quartalsvergleich, nach +0,1% im Frühjahr.

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