Brexit-Einigung rückt näher

Varadkar sieht Fortschritte - Barnier: Verhandlungen schwierig

Brexit-Einigung rückt näher

dpa-afx London/Brüssel – Unter großem Zeitdruck sind die EU und Großbritannien am Dienstag einer Brexit-Einigung näher gekommen. Es gebe “erste Anzeichen für Fortschritte”, sagte Irlands Regierungschef Leo Varadkar. EU-Unterhändler Michel Barnier berichtete EU-Abgeordneten von Bewegung auf britischer Seite. Ziel war ein Vertragsentwurf bis Mittwoch und eine Entscheidung beim EU-Gipfel am Donnerstag oder Freitag. Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte, man werde bis zur letzten Minute für einen geregelten Brexit arbeiten.Der tatsächliche Verhandlungsstand blieb bis zum Redaktionsschluss am Dienstagabend unklar. Die EU-Kommission in Brüssel, wo Experten beider Seiten über Lösungsansätze brüteten, wollte keinen Kommentar zu den laufenden Gesprächen abgeben. Ein britischer Regierungssprecher sagte nur: “Die Gespräche sind konstruktiv.” Es müsse aber noch Arbeit erledigt werden. Berichte über einen unmittelbar bevorstehenden Durchbruch seien “übertrieben aufgeregt”, hieß es in Brüssel.Ministerpräsident Varadkar äußerte sich vor Journalisten in Irland vorsichtig. Die Dinge bewegten sich zwar in die richtige Richtung, doch der Spalt zwischen Großbritannien und der EU sei noch recht groß. Es sei unklar, ob rechtzeitig zum EU-Gipfel ein Deal zustande komme. Der Europaabgeordnete Martin Schirdewan, der mit anderen Europaabgeordneten von Barnier unterrichtet worden war, meinte aber: “Ein Abkommen scheint mittlerweile in greifbarer Nähe.”Der britische Premierminister Boris Johnson zielt auf einen Deal beim EU-Gipfel, um den Brexit wie geplant am 31. Oktober zu vollziehen – mehr als drei Jahre nach dem Referendum für den EU-Austritt. Ohne Einigung müsste der Premier nach einem britischen Gesetz ab Samstag eine Fristverlängerung bei der EU beantragen – was er keinesfalls will. Vorige Woche hatte Johnson Zugeständnisse in der umstrittenen Irland-Frage gemacht. Doch der EU reichte dies noch nicht ganz.Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) sagte in Luxemburg, es gebe zwei einfache Bedingungen für eine Einigung: Der EU-Binnenmarkt müsse gewahrt und der Frieden in Nordirland geschützt werden. “Jetzt liegt es wieder mal an unseren britischen Partnern, das zu tun, was nötig ist.” EU-Unterhändler Barnier formulierte es so: “Es ist höchste Zeit, gute Absichten in einen Rechtstext zu gießen.” Die Verhandlungen seien schwierig, aber eine Einigung möglich. Hinter verschlossenen Türen sagte Barnier nach Angaben von Diplomaten, ein Durchbruch müsse bis Dienstagabend erreicht sein.Deutsche Regierungsvertreter nannten eine andere Frist: Bis Mittwochnachmittag solle ein Vertragsentwurf vorliegen. Allerdings sei man skeptisch, ob dies gelinge. Gebe es nur Eckpunkte, müsse man weiter verhandeln, und ein EU-Sondergipfel vor dem 31. Oktober sei nicht ausgeschlossen. Auch Finnland, Österreich und die Niederlande äußerten Zweifel an einer Blitzeinigung vor dem Gipfel. Irland und Frankreich schlossen sie indes nicht aus.