EINIGUNG AUF EIN BREXIT-ABKOMMEN

Brexit-Übereinkunft lässt Pfund aufwerten

Londoner City gibt sich vorsichtig optimistisch

Brexit-Übereinkunft lässt Pfund aufwerten

Von Andreas Hippin, LondonDie zwischen der EU und Großbritannien erzielte Übereinkunft hat das Pfund gegen den Dollar auf den höchsten Stand seit fünf Monaten getrieben. Es notierte zeitweise nahe 1,30 Dollar. Der FTSE-100 tendierte etwas fester. “Der Brexit-Nebel sollte sich nun endlich anfangen zu lichten, was Unternehmen mehr Gewissheit für Planung und Investitionen sowie eine stabilere und damit attraktivere Währung geben würde”, sagte Andy Scott, Associate Director beim Risikoberater JCRA.”Ein großer Sieg für Boris”, konstatierte Artur Baluszynski, Head of Research bei Henderson Rowe. “Wenn er den Deal durchs Parlament bringt, sollte eine Welle von ,Risk on’-Trades in den britischen Markt schwappen.” Es sei aber besser, erst einmal abzuwarten, sich die Details genau anzusehen und die Märkte entscheiden zu lassen, für wie wahrscheinlich sie die Zustimmung der Abgeordneten halten. Das Pfund gab einen Teil der Gewinne wieder ab, als sich abzeichnete, dass die nordirischen Unionisten dem Deal nicht zustimmen wollen. Segnet das Unterhaus Johnsons Deal am Wochenende ab, könnte das Pfund nach Einschätzung von Jim Leaviss, Leiter des Anleihenteams bei M&G Investments, durchaus noch weiter steigen. Nach mehreren Kennzahlen, etwa der Kaufkraftparität oder dem Big-Mac-Index, sei es deutlich unterbewertet, geschätzt um bis zu 20 %. Voraussetzung ist jedoch die Zustimmung der Abgeordneten. Nach Einschätzung von Steen Jakobsen, Chefvolkswirt und Anlagechef der Saxo Bank, stehen die Chancen dafür 50:50. “Signifikantes Event-Risiko”In der City wurden die Risiken, die das Thema EU-Austritt birgt, nie kleingeredet. Andrew Balls, der für Anleihen verantwortliche Anlagechef des Vermögensverwalters Pimco, nannte den Brexit auf einer Presseveranstaltung ein “sehr signifikantes Event-Risiko”. Fast ein Drittel (31 %) der für das jüngste “Brexometer” von State Street befragten institutionellen Anleger rechnete damit, dass ein ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der EU schwerwiegende Auswirkungen auf die weltweiten Finanzmärkte hätte. Zwei Drittel gingen von negativen Auswirkungen aus. Von einer Einigung versprachen sich dagegen 71 % positive Auswirkungen. Drei Viertel rechneten in diesem Fall mit einer Aufwertung des Pfunds. Wegen der inversen Korrelation des FTSE-100 zum Pfund würde ein positives Ergebnis des BrexitProzesses die darin versammelten Standardwerte belasten, sagte Erin Browne, Portfoliomanagerin bei Pimco. “Kommt es dagegen zu einem harten Brexit, werden wir mit Sicherheit einen ziemlich scharfen Abverkauf europäischer Aktien sehen.”Der “Footsie” ist kein gutes Abbild der britischen Volkswirtschaft. Die in ihm enthaltenen Firmen berichten größtenteils in Dollar und machen zudem drei Viertel ihres Geschäfts außerhalb des Vereinigten Königreichs. Der Index ähnelt daher eher dem MSCI World. Die Abwertung des Pfunds nach dem EU-Referendum hatte die Aktien global tätiger britischer Konzerne für Anleger attraktiver gemacht. Während die Währung um 13 % nachgab, legten die Standardwerte im gleichen Maße zu. Rotation aus ExportfirmenFür die Aktienkurse von kleinen und mittleren Unternehmen, die vor allem innerhalb des Vereinigten Königreichs tätig sind, sollte sich die gestern verkündete Einigung positiv auswirken. “Zwar wird noch die Zustimmung des Parlaments benötigt, die Nachrichten sollten jedoch der Rotation aus britischen Exportunternehmen in Gesellschaften, die vor allem auf dem Heimatmarkt tätig sind, Beine machen”, sagte der Barclays-Aktienstratege für Europa, Emmanuel Cau.Die Analysten von Liberum Capital haben bereits eine Liste von Firmen aufgestellt, die von einem Deal profitieren würden. Ihr Ansatz: Die Firmen machen mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in Pfund. Ihr Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt um mindestens ein Zehntel niedriger als in den vergangenen fünf Jahren. Ihre Nettoverschuldung ist niedriger als das doppelte operative Ergebnis (Ebitda). Und das erwartete Wachstum des Gewinns pro Aktie liegt bei mehr als 5 %. Auf der Liste finden sich Hausbaugesellschaften wie Galliford Try, Einzelhändler wie Tesco und B&M sowie Dienstleister wie Mears und Mitie.