BREXIT IM SCHWEBEZUSTAND

Brexit verändert Gefechtslage im Rat

Börsen-Zeitung, 17.4.2019 fed Frankfurt - Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird die Möglichkeiten großer EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien erweitern, ihnen unangenehme Gesetzgebungsmaßnahmen der...

Brexit verändert Gefechtslage im Rat

fed Frankfurt – Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird die Möglichkeiten großer EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien erweitern, ihnen unangenehme Gesetzgebungsmaßnahmen der EU zu stoppen. Darauf weist das Polnische Institut für internationale Angelegenheiten in einer Studie hin.In der weit überwiegenden Zahl der Fälle ist für eine EU-Verordnung oder eine EU-Richtlinie derzeit neben der mehrheitlichen Billigung durch das EU-Parlament die Zustimmung von 55 % der Mitgliedstaaten mit einem Anteil von mindestens 65 % der Bevölkerung notwendig. Denn diese “qualifizierte Mehrheit” sieht der Vertrag von Lissabon als Regelverfahren vor.Nach einem Brexit sind – zur Erfüllung der 55-Prozent-Regel – zwar nur noch 15 statt bislang 16 Stimmen der dann noch 27 EU-Staaten notwendig, was ein Gesetzgebungsverfahren eigentlich etwas erleichtert. Zugleich wird es aber künftig leichter für die großen EU-Länder sein, ein Gesetz zu blockieren. Denn die Sperrminorität von 35 % (100 minus 65 %) erreichen demnächst Deutschland und Frankreich schon fast allein. Ihr Anteil an der EU-Bevölkerung steigt nach dem Brexit um 4,5 Punkte auf 33,5 %.Das polnische Institut rechnet vor, dass Deutschland derzeit nur acht Varianten für eine Sperrminorität mit drei anderen Ländern hat – künftig werden es 323 Optionen sein. Oder andersherum ausgedrückt: Wenn Europa gegen den Willen Deutschlands und Frankreichs etwas durchsetzen möchte, müssen mindestens 20 EU-Regierungen dafür votieren.