Brexit-Verhandler werden sich einig
Theresa May hat ihr Kabinett für 15 Uhr einbestellt, um einen Entwurf für die Austrittsvereinbarung zu diskutieren, auf die sich London und Brüssel angeblich bereits auf technischer Ebene geeinigt haben. In der EU-27 wird dennoch die Notfallplanung intensiviert, sollte ein Deal doch noch scheitern. hip/ahe London/Brüssel – In den Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union hat es wohl einen Durchbruch gegeben. Die Unterhändler hätten sich nach intensiven Diskussionen auf den Entwurf eines Austrittsabkommens geeinigt, hieß es seitens der britischen Regierung. Heute Nachmittag (15.00 Uhr MEZ) soll das Kabinett in London zusammenkommen, um den Text zu billigen. Bereits gestern Abend hatte May ihre Minister einzeln einbestellt, um den Deal mit ihnen durchzugehen. Dem irischen Sender RTE zufolge lag die Einigung Downing Street bereits am Montagabend vor. Angeblich sieht sie vor, dass ganz Großbritannien Mitglied der Zollunion bleiben soll, wenn sich beide Seiten nicht auf eine bessere Lösung für die EU-Außengrenze einigen. Für Nordirland sollen allerdings zusätzliche Bestimmungen gelten.Prominente Brexit-Befürworter wie der ehemalige Außenminister Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg, der Vorsitzende der European Research Group, haben die Kabinettsmitglieder dazu aufgefordert, die Übereinkunft abzulehnen. Johnson sagte der BBC, die Übereinkunft sei “für jeden, der an Demokratie glaubt, völlig inakzeptabel”. Oppositionsführer Jeremy Corbyn sagte, “angesichts der chaotischen Natur der Verhandlungen ist es unwahrscheinlich, dass es sich um einen guten Deal handelt”.Die EU-Kommission hatte am Nachmittag noch verkündet, dass es zwar weiter intensive Verhandlungen gebe, man aber “noch nicht am Ziel” sei. Dennoch wurde für Mittwoch eine Sondersitzung der Botschafter der 27 Staaten Resteuropas angesetzt. Ungeachtet der Fortschritte in den Gesprächen verabschiedete die Brüsseler Behörde gestern auch eine Notfallplanung für den Fall, dass es doch noch zu einem No-Deal-Szenario kommt. Es geht dabei um eine begrenzte Anzahl von zusätzlichen Maßnahmen in vorrangigen Bereichen, nachdem die Kommission im Juli schon einmal erste Notfallpläne öffentlich gemacht hatte.Zu den genannten Bereichen gehören die Finanzwirtschaft, die Luft- und Verkehrswirtschaft, die Klimapolitik, Visa- und Zollfragen, Hygienevorschriften oder auch die Übermittlung personenbezogener Daten.EU-Kommissionsvize Frans Timmermans sagte in Straßburg, die Briten sollten auch im Falle eines Austritts Großbritanniens ohne Vertrag künftig ohne Visum in die Europäische Union reisen dürfen. Voraussetzung sei aber, dass Großbritannien eine ähnliche Regelung für EU-Bürger einführe. Die Ausnahme von EU-Visapflichten soll demnach in Kraft treten, sobald EU-Gesetze nicht mehr für Großbritannien gelten. Sollten die Brexit-Verhandlungen trotz des gemeldeten Durchbruchs doch noch scheitern, käme diese Bestimmung bereits am 29. März 2019 zum Tragen. Weniger Finanzsektor-RisikoDie EU-Kommission verwies allerdings auch darauf, dass sich die Risiken eines No Deals für die Finanzmarktstabilität mittlerweile erheblich verringert hätten. Zum Beispiel hätten viele Versicherungsunternehmen mittlerweile Maßnahmen ergriffen, darunter die Übertragung von Verträgen, die Gründung von Niederlassungen und Tochtergesellschaften oder die Fusion mit Unternehmen, die in der EU-27 ihren Sitz haben. Damit könnten diese Versicherer auch künftig in der EU ihre Dienstleistungen anbieten. Die EU-Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen (EIOPA) arbeitet den Angaben zufolge zudem mit den nationalen Behörden zusammen, um Restrisiken für bestimmte Kunden zu bekämpfen.Auch im Derivategeschäft scheint es nach Angaben der EU-Kommission bei einem No Deal “kein allgemeines Problem der Vertragserfüllung” zu geben. Nicht abgewickelte Kontrakte zwischen den Kontrahenten der EU und des Vereinigten Königreichs blieben grundsätzlich bis zur Fälligkeit gültig und ausführbar. Marktteilnehmer wurden trotzdem noch einmal aufgefordert, sich weiterhin auf ein Scheitern der Verhandlungen vorzubereiten, unter anderem durch die Übertragung von Verträgen. Die EU-Kommission rief die Mitgliedstaaten noch einmal dazu auf, bei allen erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen auf rechtzeitige Verabschiedung zu achten. Die Kommission selbst will alle delegierten Rechtsakte noch bis zum 31. Dezember verabschieden. Alle Entwürfe von Durchführungsrechtsakten sollen bis spätestens 15. Februar in den zuständigen Ausschüssen zur Abstimmung vorliegen.