Inflation

Britische Teuerung ist hartnäckiger als gedacht

Die Inflation ist in Großbritannien im Juli deutlich zurückgegangen. Doch waren dafür in erster Linie Energie und Lebensmittel verantwortlich. Die Kernrate verharrte auf dem Vormonatsniveau. Dienstleistungen verteuerten sich stärker. Das wurde als weiteres Zeichen für eine Leitzinserhöhung im September gewertet.

Britische Teuerung ist hartnäckiger als gedacht

Britische Teuerung unerwartet hartnäckig

Kernrate verharrt auf 6,9 Prozent – Zunehmender Preisauftrieb bei Dienstleistungen

hip London

Die Inflation ist in Großbritannien im Juli deutlich zurückgegangen. Doch waren dafür in erster Linie Energie und Lebensmittel verantwortlich. Die Kernrate verharrte auf dem Vormonatsniveau. Dienstleistungen verteuerten sich stärker. Das wurde als weiteres Zeichen für eine Leitzinserhöhung im September gewertet.

Der Preisauftrieb in Großbritannien hat sich im Juli unerwartet hartnäckig gezeigt. Zwar schwächte sich die Inflation im Juli von 7,9% auf 6,8% ab, wie das Statistikamt ONS mitteilte. Der Wert entsprach der Prognose im jüngsten Inflationsbericht der Bank of England, der Rückgang war aber nahezu ausschließlich auf Energie und Lebensmittel zurückzuführen. Während Schatzkanzler Jeremy Hunt die niedrigere Teuerung darauf zurückführte, dass das „entschlossene Handeln“ der Regierung Wirkung zeige, wies seine Labour-Rivalin Rachel Reeves darauf hin, dass die Inflation weiterhin hoch und auch höher als in anderen wichtigen Volkswirtschaften sei. „Nach 13 Jahren voller wirtschaftlichem Chaos und Inkompetenz unter den Konservativen geht es den arbeitenden Menschen schlechter“, sagte Reeves.

| Quelle:

Die Kernrate, für die schwankungsanfällige Komponenten nicht berücksichtigt werden, verharrte im Juli auf 6,8%. Volkswirte hatten für die beiden Kennzahlen im Schnitt jeweils einen Zehntelpunkt weniger angesetzt. Sarah Coles, Head of Personal Finance bei Hargreaves Lansdown, verglich die Entwicklung damit, mit zu kurzen Hosen eine heiße Rutsche hinunterzurutschen. Es dauere länger und sei viel schmerzhafter, als man hoffen würde.

Sinkende Energiekosten

Die Erhöhung des Energiepreisdeckels führte dazu, dass die durchschnittlichen jährlichen Kosten der privaten Haushalte für Strom und Gas von bislang 2.500 Pfund auf die vom Regulierer Ofgem gesetzte Obergrenze von 2.074 Pfund zurückgingen. Damit liegen sie immer noch weit über dem Niveau, auf dem sie sich vor der russischen Invasion der Ukraine bewegten. Lebensmittel und Getränke verteuerten sich im Vorjahresvergleich nur noch um 14,8%. Im Juni hatten ihre Preise noch um 17,3% über Vorjahr gelegen. Bei Dienstleistungen ging die Entwicklung in die andere Richtung: Sie wurden um 7,4% teurer. Im Juni wurden für sie lediglich 7,2% mehr verlangt. Einer der Treiber waren steigende Mieten. Der Einzelhandelspreisindex ging im Vergleich zum Juni um 0,6% zurück. Im Schatzamt dürfte man sich darüber freuen, denn an diesem Index orientieren sich die Zinsen für inflationsgeschützte Staatsanleihen.

Am Finanzmarkt wurden die Daten umgehend in Bezug zu den Arbeitsmarktdaten vom Vortag gesetzt. Die Wochenlöhne ohne Sonderzahlungen waren in den drei Monaten per Ende Juni im Schnitt um 7,8% gestiegen. Einer der Gründe für das starke Wachstum war ein Tarifabschluss für das öffentliche Gesundheitswesen NHS. „Blickt man weiter nach vorn, sind wir angesichts des anhaltenden Lohndrucks immer noch weit von dem Punkt entfernt, an dem sich die Inflation wahrscheinlich in die Nähe des Zielwerts der Bank of England von 2,0% bewegen wird“, schrieb der HSBC-Europachefvolkswirt Chris Hare in einer ersten Einschätzung. Nach Rechnung der Bank sind die britischen Lohnstückkosten im zweiten Quartal um 8,8% gestiegen. Normalerweise würde man ein Wachstum der Lohnstückkosten von um die 3% für vereinbar mit dem Inflationsziel der Notenbank halten, schrieb Hare. Es gebe zwar Anzeichen für eine Entspannung am Arbeitsmarkt. Es könne aber noch lange dauern, bis sie sich nennenswert auf die Lohnentwicklung auswirkten.

Mittlerweile werden auch wieder Fragen nach der Zukunft des sogenannten Triple Lock laut. Es legt fest, dass die staatlichen Renten jährlich um den höchsten von drei Werten steigen: Lohnwachstum, Inflation oder 2,5%. Nach einem Plus von 10,1% in diesem Jahr wird die Regierung erneut kräftig nachlegen müssen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.