Wachstum

Britische Wirtschaft zeigt sich unerwartet robust

Die britische Wirtschaft hat sich im Mai besser geschlagen als Volkswirte auf der Rechnung hatten. Sie schrumpfte trotz zahlreicher Streiks und eines zusätzlichen Feiertags für die Krönung von Charles III nicht um die im Schnitt erwarteten 0,3%, sondern lediglich um 0,1%. Unterdessen warnten unabhängige Haushaltshüter vor erheblichen Risiken für die öffentlichen Finanzen.

Britische Wirtschaft zeigt sich unerwartet robust

Britische Wirtschaft zeigt sich unerwartet robust

Unabhängige Haushaltshüter warnen vor wesentlichen Risiken für die öffentlichen Finanzen

hip London

Die britische Wirtschaft ist trotz wütender Arbeitskämpfe und eines zusätzlichen Feiertags für die Krönungsfeierlichkeiten von Charles III. überraschend gut durch den Mai gekommen. Wie das Statistikamt ONS mitteilt, schrumpfte sie um lediglich 0,1%. Volkswirte hatten im Schnitt einen Rückgang von 0,3% auf der Rechnung. Es gebe „anekdotische Beweise“ dafür, dass sich die Streiks im Mai in unterschiedlicher Weise auf verschiedene Branchen ausgewirkt hätten, vermerkten die Statistiker. Der zusätzliche Feiertag schmälerte vor allem den Output von verarbeitendem Gewerbe und Bauindustrie. Die Freizeitbranchen konnten dagegen davon profitieren.

Unterdessen warnten die unabhängigen Haushaltshüter des Office for Budget Responsibility (OBR) davor, dass die Staatsverschuldung in den 2070er Jahren 300% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen könnte. Zunehmende wirtschaftliche Inaktivität aus gesundheitlichen Gründen, steigende Energiepreise und höhere Zinsen hatten den öffentlichen Schuldenberg zuletzt auf mehr als 100% des BIP anschwellen lassen. Zu den wesentlichen Risiken, die das OBR für die kommenden 50 Jahre ausgemacht hat, gehören Kraftstoffsteuerausfälle durch den Umstieg auf Batteriefahrzeuge, die Kosten für den Umstieg auf eine CO2-neutrale Wirtschaftsweise, die Alterung der Gesellschaft und höhere Verteidigungsausgaben.

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„Großbritannien hat vielleicht eine technische Rezession bislang vermieden“, schrieb der HSBC-Europa-Chefvolkswirt Simon Wells in einer ersten Einschätzung. „Aber das Land hat auf Dreimonatsbasis seit dem zweiten Quartal 2022 nicht mehr als 0,1% Wachstum gesehen.“ Für die Anfang August anstehende Zinsentscheidung der Bank of England seien die BIP-Daten eher zweitrangig. Schließlich sei das Land bereits seit Anfang 2022 auf Stagnationskurs. Das habe die Geldpolitiker der Notenbank nicht davon abgehalten, den Leitzins von 0,1% auf 5,0% nach oben zu schrauben. Am Devisenmarkt wurden die Daten als positive Nachricht für das Pfund aufgenommen. Nachdem die britische Währung zuletzt die Schwelle von 1,30 Dollar genommen hatte, setzte sie ihren Weg nach oben fort.

Premierminister Rishi Sunak sagte unterdessen, dass die Regierung die Empfehlungen der unabhängigen Kommissionen zur Festlegung der Bezahlung von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes akzeptiert habe. Das entspricht einer Lohnerhöhung von um die 6%. Man werde dafür keine neuen Schulden machen. Die zuständigen Ministerien müssten vorhandene Mittel umschichten. Sunak forderte die Assistenzärzte des öffentlichen Gesundheitswesens NHS auf, das Angebot der Regierung anzunehmen. Sie haben am Donnerstag einen fünftägigen Streik begonnen und fordern 35% mehr Gehalt. Auch leitende Ärzte und Radiologen wollen demnächst in den Ausstand treten. Es werde keine weiteren Verhandlungen in dieser Sache geben, sagte Sunak. Alle vier Lehrergewerkschaften haben ihren Mitgliedern bereits empfohlen, das Angebot anzunehmen. Rund sechs Millionen Menschen arbeiten im öffentlichen Dienst. Die offerierte Lohnerhöhung hält zwar nicht mit der Teuerung Schritt, die im Mai bei 8,7% gelegen hatte, doch könnte sie die Bremswirkung der Zinserhöhungen auf die Konjunktur verringern.

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