Britisches BIP schrumpft

Schlechteste Performance seit 2012 - Rezessionsängste belasten das Pfund

Britisches BIP schrumpft

Die britische Wirtschaft hat sich im abgelaufenen Quartal so schlecht entwickelt wie seit sieben Jahren nicht mehr. Steigende Einkommen konnten die schrumpfenden Unternehmensgewinne nicht ausgleichen (siehe Grafik). Volkswirte rechnen allerdings mit einer Erholung im laufenden Quartal.hip London – Die britische Wirtschaft ist im zweiten Quartal überraschend geschrumpft. Wie das Statistikamt ONS mitteilt, ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 % zurück – so schlecht hatte es sich zuletzt vor sieben Jahren entwickelt. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich mit einer Stagnation gerechnet. Ängste vor einem Wirtschaftsabschwung setzten nach Bekanntgabe der Zahlen den Kurs des Pfund unter Druck. Gegen Dollar und Euro war die britische Währung so schwach wie seit zwei Jahren nicht. Geht das BIP zwei Quartale in Folge zurück, spricht man von einer Rezession. Im ersten Quartal hatte der Lageraufbau im Zuge der Brexit-Vorbereitungen noch die Konjunktur angefeuert. Das Wachstum belief sich von Anfang Januar bis Ende März auf 0,5 %.”Der Output des verarbeitenden Gewerbes ist nach einem starken Jahresauftakt zurückgefallen”, sagte der für die Daten verantwortliche ONS-Statistiker Rob Kent-Smith. Die Unternehmen hätten mit Blick auf den ursprünglichen Austrittstermin am 31. März Produktion vorgezogen. Die Bauwirtschaft habe sich ebenfalls abgekühlt, “während die oft dominante Dienstleistungsbranche so gut wie gar kein Wachstum beigesteuert hat”. Das Handelsdefizit habe sich deutlich verringert, nachdem im ersten Quartal wegen des heranrückenden ursprünglichen Brexit-Termins noch ein starker Anstieg der Einfuhren zu verzeichnen gewesen sei.”Britische Fabriken haben einen deutlichen Rückgang der Nachfrage aus dem Ausland verzeichnet, insbesondere aus der EU, was an der Unklarheit zu den künftigen Handelsbeziehungen liegt”, sagte Andy Scott, Associate Director des Risikoberaters JCRA. Der Kurs des Pfund sei ein Indikator dafür, welchen Ausgang des Brexit-Dramas man am Markt erwarte, und eine Kennziffer für politische Risiken. Rutsche die britische Wirtschaft neben den Risiken eines harten Brexits und einer Neuwahl auch noch in eine Rezession, werde er weiter nachgeben. Erholung vor Brexit möglichSanjay Raja, der bei der Deutschen Bank für Großbritannien zuständige Volkswirt, geht allerdings von einer moderaten Erholung im laufenden Quartal aus. Die Autoproduktion werde sich von den Werksschließungen erholen. Die Lockerung der fiskalpolitischen Zügel und der starke Arbeitsmarkt dürften aus seiner Sicht für etwas Wachstum sorgen. Es werde aber schwach bleiben. Das Geschäftsklima habe sich verschlechtert.Die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins geht davon aus, dass ein erneuter Aufbau von Lagerbeständen vor dem 31. Oktober im dritten Quartal für Wachstum sorgen könnte. In welchem Maße sie wieder abgebaut würden, hänge von den Konditionen ab, zu denen Großbritannien die Staatengemeinschaft verlässt. Martins verwies zudem darauf, dass die wirtschaftliche Verlangsamung im abgelaufenen Quartal nicht allein eine britische, sondern eine weltweite Angelegenheit gewesen sei. In der Eurozone habe sich das Wachstum von 0,5 % im Auftaktquartal auf 0,2 % verlangsamt. Die Bank geht davon aus, dass das deutsche BIP um 0,2 % geschrumpft ist. “Nicht einfach nur eine Brexit-Geschichte”, lautete ihr Fazit.Unterdessen sagte Stephen Vaughn, ein ehemaliger Handelsberater von US-Präsident Donald Trump, der BBC, dass sich die “Panik” rund um den Brexit auf einem Niveau bewege, das nicht gerechtfertigt sei. Die US-Regierung sei bereit zu einem Freihandelsabkommen. Ihr Handelsbeauftragter Robert Lighthizer habe die nötige Vorarbeit geleistet. Vor landwirtschaftlichen Erzeugnissen der Vereinigten Staaten brauche man keine Angst zu haben, sagte er. Bevor er die Regierung im April verließ, war Vaughn an den Verhandlungen mit Kanada und der Volksrepublik China beteiligt.