Bündnis dringt auf EU-Lieferkettengesetz
rec Frankfurt
Im Ringen um ein europäisches Lieferkettengesetz nach deutschem Vorbild verlieren die Fürsprecher die Geduld – und erhöhen nun den Druck. In einer vom Business and Human Rights Resource Centre veröffentlichten Stellungnahme sprechen sich mehr als 100 deutsche und europäische Unternehmen und Investoren für ein EU-Lieferkettengesetz aus. Unter ihnen sind neben kleinen und mittelgroßen Unternehmen aus verschiedenen Branchen auch einige Konzerne wie Hapag-Lloyd, Ikea und Danone. Vereinzelt finden sich unter den Unterzeichnern auch Adressen aus der Finanzbranche, darunter die GLS Bank und eine Handvoll kleiner Vermögensverwalter.
Ähnlich wie bei dem im Sommer 2021 in Kraft getretenen deutschen Sorgfaltspflichtengesetz ziehen sich die Arbeiten an der europaweiten Version in die Länge. Ursprünglich war die Vorstellung eines ersten Entwurfs durch die EU-Kommission vor mehr als einem halben Jahr geplant. Das hat sich mehrmals verschoben. Der wesentliche Grund ist, dass hinter den Kulissen eine Lobbyschlacht im Gange ist.
Aus der für Juni geplanten Präsentation wurde nichts, weil Kontrolleure der EU-Kommission Bedenken anmeldeten. Auch wurde Justizkommissar Didier Reynders, einem Befürworter strikter Sorgfaltspflichten in den Lieferketten von Unternehmen, die alleinige Zuständigkeit für das Thema entzogen. Ihm wurde Binnenmarktkommissar Thierry Breton an die Seite gestellt. Dem Vernehmen nach hakte es in der Abstimmung. Strittig sind das Ausmaß von Sorgfaltspflichten und die Einbindung in bestehende Regelungen zur Corporate Social Responsibility (CSR). Hauptproblem sei die Frage, wie die Sorgfaltspflichten ins Unternehmensrecht eingebunden werden können, war bereits vor Monaten zu hören (vgl. BZ vom 7.10.2021).
Dem Plan der EU-Kommission zufolge soll ein erster Entwurf für ein Sorgfaltspflichtengesetz auf EU-Ebene nun am 23. Februar kommen. Aber auch das sei noch nicht sicher, heißt es bei der Initiative Lieferkettengesetz, einem Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen. Das Bündnis verweist darauf, dass Unternehmen, die sich an der Unterschriftenaktion beteiligt haben, auch explizit für eine zivilrechtliche Haftung als Teil des Gesetzes eintreten. Das würde bedeuten, dass Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen bei Zulieferern und Geschäftspartnern europäischer Firmen Schadenersatz zusteht, wenn ein Unternehmen seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Dies ist im deutschen Gesetz nur in begrenztem Umfang möglich.
Misereor und das Global Policy Forum werfen mehreren deutschen Verbänden vor, „im Gegensatz zu vielen aufgeschlossenen Unternehmen“ verdeckt gegen das Vorhaben in Brüssel zu lobbyieren. „Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zu einem solchen Gesetz bekannt und muss jetzt liefern“, fordert Armin Paasch von Misereor.