Bund und Länder ringen um Kurs

Beratungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie ziehen sich erneut bis in die Abendstunden

Bund und Länder ringen um Kurs

Der Teil-Lockdown geht in die Verlängerung, das war schon vor den Beratungen von Bund und Ländern über den weiteren Corona-Kurs klar. In die Verlängerung ging dann auch die Video-Schalte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den 16 Länderchefs. Bis zum Redaktionsschluss lagen noch keine Beschlüsse vor.sp/Reuters Berlin – Auf der Suche nach einem gemeinsamen Kurs im Umgang mit der Corona-Pandemie haben die Spitzen von Bund und Ländern gestern bis in die späten Abendstunden beraten. Während eine Verlängerung des seit Anfang November geltenden partiellen Lockdowns bis mindestens 20. Dezember zum Redaktionsschluss der Börsen-Zeitung als ebenso unstrittig galt wie eine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im Dezember, gab es zu schärferen Regeln für den Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft noch keine einheitliche Linie. Mit Blick auf die von einigen Ländern geforderten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen für die Weihnachtsfeiertage bis zu Neujahr zeichnete sich am Abend eine Einigung ab.Das Ringen um die weitere Linie bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zieht sich über fast zehn Tage. Bereits am Montag der vergangenen Woche hatten Bund und Länder über die Corona-Lage zwei Wochen nach dem Start des zunächst auf November begrenzten Teil-Lockdown beraten. Beschlüsse wurden damals auf diese Woche verschoben, obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Beschlüsse für weitere Kontaktbeschränkungen drängte.Seit Sonntag hatten Bund und Länder dann schrittweise Vorschläge für ein neues Maßnahmenpaket ausgearbeitet, mit dem die Zahl der Neuinfektionen wieder unter die Schwelle von 50 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gedrückt werden soll. Oberhalb dieses Werts sind die Gesundheitsämter erfahrungsgemäß nicht in der Lage, Infektionsketten zu verfolgen und zu brechen, sodass sich das Virus ungebremst ausbreiten kann. Am Mittwoch lag die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz nach Angaben des Robert Koch-Institut bei 139,6 und damit oberhalb des Niveaus von Anfang November.In ihren Vorgesprächen meldeten die Länderchefs am Mittwochvormittag nach Informationen von Reuters aus Verhandlungskreisen Klärungsbedarf bei Auflagen für den Einzelhandel und die Schulen sowie bei Kontakteinschränkungen an. Als unstrittig galt, dass Gastronomie, Freizeit- und Kultureinrichtungen bis zum 20. Dezember geschlossen bleiben müssen und dafür wie im November Entschädigungen für Umsatzausfälle erhalten, die der Bund zahlt. In Regionen, in denen die Sieben-Tages-Inzidenz unter die Schwelle von 50 sinkt, soll es möglich sein, auch vor dem 20. Dezember wieder Einrichtungen zu öffnen. In dem Entwurf von Bund und Ländern wird aber betont, man müsse damit rechnen, dass es erhebliche Einschränkungen bei Gastronomie und Hotels auch im Januar geben werde.Strittig war bis zuletzt , ob sich der Bund mit seiner Forderung durchsetzt, dass es im Dezember eine Begrenzung von einem Kunden pro 25 Quadratmeter in Geschäften geben soll. Damit soll eine Überfüllung im Weihnachtsgeschäft vermieden werden. Eine ähnliche Regelung gab es bereits im Frühjahr während der ersten Corona-Welle. Etliche Ministerpräsidenten sahen diesen Punkt in ihrer Endabstimmung am Mittwochmorgen kritisch.Bei ihrem Vorgespräch verständigten sich die Länderchefs darauf, zusätzliche Auflagen für den Einzelhandel vor allem auf Infektions-Hotspots zu begrenzen. Um Überfüllungen gerade im Weihnachtsgeschäft zu vermeiden, soll sich dort in Läden höchsten eine Person auf 10 qm aufhalten dürfen, wenn der Laden bis zu 800 qm Verkaufsfläche hat. Bei größeren Geschäften soll sich nur eine Person auf 20 qm aufhalten dürfen. Der Handelsverband HDE sprach sich gegen solche Auflagen aus. Debatten gab es zwischen Bund und Ländern auch noch über die Kontaktregeln. Diese sollen laut Entwurf auf eine Obergrenze von zwei Hausständen und fünf Personen reduziert werden. Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar sollen “Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Personen bis maximal zehn Personen insgesamt” erlaubt sein. Kinder bis 14 Jahre sind in beiden Fällen ausgenommen. Bei Erkältungssymptomen vor Weihnachten soll darüber hinaus eine großzügigere Testmöglichkeit geboten werden. Gemeinsames AgierenBundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte den Beratungen von Bund und Ländern schon vorab hohe Bedeutung zugemessen. “Das ist diesmal eine der entscheidenden Ministerpräsidentenkonferenzen in der gesamten Geschichte des Föderalismus”, sagte er in einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft für einen Mittelstandskongress der Unions-Bundestagsfraktion. “Es kommt darauf an und davon hängt viel ab, ob es uns gelingt, durch ein starkes gemeinsames föderales Auftreten und Agieren dafür zu sorgen, dass die Pandemie, was die gesundheitlichen Folgen angeht, in den Griff bekommen wird”, sagte Altmaier, der an den Beratungen von Bund und Ländern teilnahm. Am Abend war ein gemeinsames Auftreten und Agieren allerdings noch nicht absehbar.