Bund und Länder ziehen Zügel an

Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten einigen sich auf verschärfte Corona-Maßnahmen

Bund und Länder ziehen Zügel an

Bund und Länder haben sich vor dem Hintergrund steigender Neuinfektionszahlen auf eine Verschärfung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie geeinigt. Die fünfstündigen Beratungen zeigten erneut Differenzen zwischen den Ländern auf. Kritik an den Beschlüssen kam aus der Luftverkehrsbranche.sp/Reuters Berlin – Die Spitzen von Bund und Ländern haben sich nach zuletzt steigenden Neuinfektionszahlen auf zusätzliche Maßnahmen und die verschärfte Durchsetzung bestehender Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verständigt. “Angesichts der gestiegenen Zahlen müssen wir jetzt noch einmal einen neuen Anlauf nehmen”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. Sie wisse, dass es anstrengend und belastend sei, sich immer wieder mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. “Aber ich glaube, es lohnt sich.”Konkret einigten sich die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten in einer Videoschalte darauf, dass bestimmte Großveranstaltungen bis Jahresende untersagt bleiben. Zudem wollen die Länder mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt künftig ein Mindestbußgeld von 50 Euro bei Verstoß gegen die Maskenpflicht erheben. Zu keiner einheitlichen Regelung fanden die Länderchefs dagegen mit Blick auf eine Obergrenze für größere private Feiern, die in den vergangenen Wochen einen signifikanten Beitrag zu den steigenden Neuinfektionszahlen geleistet haben. Die Bürger werden nur gebeten, in jedem Einzelfall abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten nötig und vertretbar seien. Kritik der LuftverkehrsbrancheBesonders strittig waren im Kreis der 16 Ministerpräsidenten und der Bundesregierung die Regelungen für Rückkehrer aus dem Ausland. Nun werden die kostenlosen Tests für Rückkehrer aus Nicht-Risikogebieten zum 15. September abgeschafft. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte aber an, dass Bayern sie mindestens bis zum 1. Oktober weiterführen werde. Für Rückkehrer aus Risikogebieten soll eine neue Quarantäneregel eingeführt werden, die “möglichst ab 1. Oktober” gelten soll. Die Quarantäne muss danach so lange eingehalten werden, bis der Reisende “frühestens am fünften Tag” nach Rückkehr einen Coronatest gemacht hat und dieser negativ ausfällt.Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft kritisierte den Beschluss. Die geplante Verschärfung der Quarantänebestimmungen ab Oktober würde einen erneuten Lockdown des Reisegeschehens bedeuten, erklärte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow am Donnerstag. “Wir halten den Beschluss einer pauschalen Quarantänebestimmung für unverhältnismäßig, gerade weil die Politik ja einen anderen Weg gehen könnte: Statt die Tests abzuschaffen und die erfolgreich etablierte Testinfrastruktur an den Flughäfen abzubauen, könnte die Politik die vorhandenen Testkapazitäten ausbauen und viel effizienter nutzen.”Die mehr als fünfstündigen Beratungen zwischen Bund und Ländern zeigten erneut, dass es große Differenzen zwischen den Bundesländern gibt, etwa bei der Corona-Teststrategie und beim Umgang mit Familienfeiern. Merkel, Söder (CSU) und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigten sich in Berlin besorgt über einen möglichen erneuten Anstieg der Infektionszahlen im Herbst. Das Robert-Koch-Institut hatte am Donnerstagmorgen 1 507 Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden gemeldet. “Corona ist wieder voll da in Deutschland”, sagte Söder. “Die Zahlen gehen zu früh zu hoch”, fügte er mit Blick auf den Winter hinzu. Man müsse einen “zweiten Lockdown” verhindern. “Wir haben sehr schwierige Monate vor uns”, betonte auch Tschentscher.Bei Großveranstaltungen soll es vom verlängerten Verbot bis Jahresende nur eine Ausnahme für solche Veranstaltungen geben, bei denen eine Kontaktverfolgung der Teilnehmer und die Einhaltung von Hygienevorschriften möglich ist. Dies könnte etwa den Anfang Dezember geplanten CDU-Bundesparteitag oder Messeveranstaltungen betreffen. Um einheitliche Standards zu garantieren, wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis Ende Oktober Vorschläge vorlegen soll. Söder lehnte in diesem Zusammenhang Zuschauer bei Fußballspielen im September ab.