Bundesbankchef Nagel liebäugelt mit höherer Mindestreserve
Nagel liebäugelt mit höherer Mindestreserve
"Moderate Erhöhung nicht ausschließen" – Hohe Überschussliquidität behindert Transmission
ms Frankfurt
Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat die Debatte über eine Anhebung des Mindestreservesatzes befeuert. „Ich sehe keinen Grund, eine moderate Erhöhung auszuschließen, um die Effizienz der Geldpolitik zu verbessern“, sagte Nagel am Freitag beim 33. European Banking Congress in Frankfurt. Eine Anhebung könne die Übertragung (Transmission) steigender Zinsen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft verbessern. Nagel betonte zudem erneut, dass es zu früh sei zu beurteilen, ob die EZB-Leitzinsen bereits den Hochpunkt erreicht haben. Die Inflation sei immer noch zu hoch.
Der Mindestreservesatz, den Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) halten müssen, ist zuletzt immer stärker in den Fokus der geldpolitischen Debatte im Euroraum gerückt. Hintergrund ist die nach wie vor sehr hohe Überschussliquidität im Finanzsystem, für die die Banken dank der rapiden Zinswende inzwischen hohe Zinsen erhalten. Kritiker stören sich an diesen "risikolosen Profiten" der Banken. Andere sehen dadurch auch die Transmission der Geldpolitik gestört. Ein höherer Mindestreservesatz würde die verzinste Überschussliquidität verringern.
Aufschrei unter Banken
Aktuell liegt die Mindesteinlage für Geschäftsbanken bei 1% der Kundeneinlagen. Die EZB hatte ihre Verzinsung bereits auf 0% gesenkt. EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann hatte unlängst sogar eine Erhöhung des Mindestreservesatzes auf 5% bis 10% ins Spiel gebracht. Das hatte einen Aufschrei unter Banken ausgelöst.
Nagel verwies nun auf eine unlängst veröffentlichte Studie der Bundesbank, laut der die hohe Überschussliquidität und die steigende Verzinsung dieser Liquidität Folgen für die Transmission der Geldpolitik haben. So reduzierten beispielweise Banken mit hohen Reserven ihre Kreditvergabe bei steigenden Zinsen weniger als Institute mit geringeren Reserven. In dem Kontext brachte Nagel den Mindestreservesatz ins Spiel.
"Die zunehmende Verzinsung der Reserven kann bei sonst gleichen Bedingungen die Transmission behindern. Die Mindestreservepflicht ist ein bewährtes geldpolitisches Instrument, das dazu beitragen könnte, diesem Effekt entgegenzuwirken", sagte er. Er erinnerte daran, dass der Mindestreservesatz in den ersten 13 Jahren der Währungsunion bei 2% gelegen habe.
Nagel untermauerte seine Einschätzung, dass es zu früh sei, ein Ende des Zinserhöhungszyklus auszurufen. Andere Euro-Notenbanker gehen in diese Richtung. Die Inflation sei trotz des deutlichen Rückgangs seit Oktober 2022 immer noch zu hoch. Es wäre deshalb auch "nicht weise", die Leitzinsen zu früh zu senken. Nagel zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die Euro-Wirtschaft eine "harte Landung" vermeiden kann.