Bundesregierung begrüßt EU-Klassifizierung von Gas als Übergangsenergie
Die EU will unter gewissen Bedingungen Atom- und Erdgas-Kraftwerke als „grüne“ Investitionen klassifizieren. Der Nachrichtenagentur Reuters lag ein Entwurf der EU-Kommission für die sogenannte Taxonomie vor, über die unter anderem Deutschland und Frankreich seit Monaten streiten. Demnach sollen Investitionen in AKWs als nachhaltig gelten, wenn diese die Entsorgung radioaktiver Abfälle sicherstellen und vor 2045 genehmigt werden. Erdgaskraftwerke können das entsprechende Label erhalten, wenn sie unter bestimmten CO2-Grenzwerten bleiben, eine umweltschädlichere Anlage ersetzen und bis zum 31. Dezember 2030 genehmigt werden.
Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten und Experten sollen den Entwurf prüfen, bevor er mit etwaigen Änderungen im Laufe des Monats veröffentlicht wird. Eine Mehrheit der EU-Staaten oder das EU-Parlament könnten das Vorhaben blockieren. Die EU-Kommission erklärte, man sei der Ansicht, „dass Erdgas und Kernenergie eine Rolle spielen können, um den Übergang zu einer überwiegend auf erneuerbaren Energien basierenden Zukunft zu erleichtern“. Aus Kommissionskreisen verlautete, unter gewissen Bedingungen können „Lösungen sinnvoll sein, die auf dem ersten Blick nicht gerade ‚grün‘ wirken“. Bei Investitionen in die Kernkraft und Erdgas würden strenge Auflagen gelten, sagte der Insider Reuters weiter.
Die Bundesregierung begrüßt, dass die EU-Kommission Erdgas als Übergangstechnologie im Kampf gegen den Klimawandel einstuft. “Für die Bundesregierung ist Erdgas vor dem Hintergrund der Ausstiege aus der Kernenergie und aus der Kohleverstromung eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität”, sagte ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag mit Blick auf Vorschläge der EU-Kommission zur Nachhaltigkeits-Klassifizierung von Energieträgern. “Daher ist es zu begrüßen, dass dazu Bestimmungen enthalten sind.” Diese müssten allerdings im Detail noch analysiert werden. “Die Haltung der Bundesregierung zur Kernenergie ist unverändert. Die Bundesregierung ist weiterhin der Überzeugung, dass Kernenergie nicht als nachhaltig einzustufen ist”, fügte der Sprecher hinzu.
Die Stellungnahme hat eine etwas andere Tonlage als die Kommentare von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck sowie Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) am Samstag. Beide hatten den Vorschlag der EU-Kommission kritisiert, Atomkraft und Erdgas mit Auflagen und vorübergehend zu nachhaltigen Energieformen deklarieren zu wollen. Scharfe Kritik übten sie vor allem an der Klassifizierung der Atomenergie als nachhaltig. Habeck schrieb in einer Stellungnahme aber zudem: “Fraglich ist auch, fossiles Gas mit in die Taxonomie aufzunehmen.” Immerhin wolle die EU-Kommission aber einen Übergang zu Wasserstoff-Nutzung der Gaskraftwerke ab 2035. Die EU-Kommission hatte den Auftrag, für private Investitionen die Nachhaltigkeit von Energieträgern einzustufen.