Corona-Pandemie

Bundestag beginnt Debatte über Impfpflicht

Die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht hat mit dem Beginn der Beratungen im Bundestag an Fahrt aufgenommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat erneut für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht geworben.

Bundestag beginnt Debatte über Impfpflicht

BZ Berlin

Die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht hat mit dem Beginn der Beratungen im Bundestag an Fahrt aufgenommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat erneut für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht geworben. Die Wirtschaft mahnte Verhältnismäßigkeit und Praktikabilität an.

Wenn man die Impfpflicht jetzt umsetze, sei man im Herbst gerüstet, sagte Lauterbach im Bundestag. Der SPD-Politiker wandte sich dagegen, abzuwarten. Für die Umsetzung der Impfpflicht brauche man mindestens fünf bis sechs Monate. „Wenn wir das Problem vor uns wegschieben, dann wird das Problem in voller Stärke zurückkommen.“ Das könne man Kindern, Pflegekräften, Ärzten und Menschen, die gefährdet seien, nicht weiter zumuten. „Wir müssen handeln“. Die Freiheit gewinne man durch die Impfung zurück, fügte er hinzu. „Wir werden nicht zurückkommen zu dem Leben, was wir geliebt und geschätzt haben, ohne dass wir jetzt den Spaten drehen.“

Der FDP-Politiker Andrew Ullmann setzte sich für verpflichtende Aufklärungsgespräche und notfalls eine Impfpflicht ab 50 Jahren ein. Man müsse alles versuchen, um die Bürger von der Impfung gegen das Coronavirus zu überzeugen, betonte er. „Wir wollen die Menschen nur als Ultima Ratio zur Vernunft verpflichten.“ Deshalb sollten alle Impfskeptiker zu wertfreien und seriösen Aufklärungsgesprächen verpflichtet werden. Sollte die nötige Impfquote so nicht erreicht werden, solle es eine Impfpflicht ab 50 Jahren geben. Diese Altersgrenze sei nicht willkürlich gezogen, erklärte Ullmann, sondern wissenschaftlich belegt.

Die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Andrea Lindholz (CDU) erhob schwere Vorwürfe gegen die Ampel-Koalition. Wegen des Fehlens eines eigenen Gesetzentwurfs warf sie der Bundesregierung „Arbeitsverweigerung“ vor. Die geplante Vielzahl von unterschiedlichen Anträgen im Parlament zeichne ein Bild der Planlosigkeit und führe zu Verunsicherung in der Bevölkerung. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, warb unterdessen für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen – begrenzt auf drei Impfdosen und mit freier Impfstoffwahl. „Einen dritten unkontrollierten Pandemie-Herbst darf es nicht geben“, betonte Baehrens. Die sächsische Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta warb für einen Mittelweg: Eine Begrenzung der Impfpflicht auf Menschen ab 50 Jahren könne die „gesellschaftlichen Nebenwirkungen“ minimieren.

Lauterbach sprach bei der sogenannten Orientierungsdebatte über die mögliche Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht als einer der letzten von mehr als 40 Rednerinnen und Rednern. Er trat in seiner Rolle als Abgeordneter ans Mikrofon. Der Minister hatte zuvor bereits deutlich gemacht, dass er als Abgeordneter eine Impfpflicht zwar befürworte, als Bundesgesundheitsminister aber keinen eigenen Vorschlag dafür vorlegen wolle, und das mit dem überparteilichen Verfahren begründet. Geplant ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang über eine mögliche Impfpflicht abstimmt.

Der Arbeitgeberverband BDA und die Industrielobby BDI fordern indes in einer gemeinsamen Erklärung, sollte es zu einer Impfpflicht kommen, müsse sie verhältnismäßig, nachvollziehbar und praktikabel sein. Dann könne sie auch auf breite Akzeptanz stoßen. „Dabei sollte der Gesetzgeber dann schnellstmöglich auch Kontrolle und Durchsetzung klar regeln. Dies darf nicht auf Unternehmen abgewälzt werden.“ Sorgfalt müsse vor Schnelligkeit gehen, um eine gerichtsfeste Regelung zu finden.

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