Bundestag setzt Schuldenbremse aus
Zum Auftakt der viertägigen Haushaltswoche im Bundestag haben die Abgeordneten der Regierungsparteien die Schuldenbremse für 2021 außer Kraft gesetzt. Den Haushalt über knapp 500 Mrd. Euro, der eine Neuverschuldung von fast 180 Mrd. Euro vorsieht, wird das Parlament am Freitag beschließen.sp Berlin – Die Koalitionsparteien haben zum Auftakt der viertägigen Haushaltswoche im Bundestag den Weg freigemacht für die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Auf Antrag von Union und SPD setzt das Parlament mit der Kanzlermehrheit die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse 2021 neuerlich außer Kraft, nachdem die Koalition wegen der Coronakrise schon 2020 von der schwarzen Null im Haushalt abgerückt war. Zuvor hatten vor allem die Vertreter der Union unterstrichen, dass Schuldenbremse und schwarze Null nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass der Haushalt die milliardenschweren Coronahilfen stemmen kann. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verteidigte die für 2021 geplante Neuverschuldung von fast 180 Mrd. Euro. Durch die Hilfen sei Deutschland ökonomisch und sozial besser durch die Coronavirus-Krise gekommen als von vielen erwartet. “Wir werden aus der Krise herauswachsen”, sagte Scholz mit Blick auf die Tilgung neuer Schulden.Für den laufenden Turnus plant die Bundesregierung wegen der Lasten aufgrund der Coronakrise mit einer rekordhohen Neuverschuldung von 218 Mrd. Euro, weshalb der Bundestag für den Nachtragshaushalt in diesem Jahr schon einmal die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt hat. Weil viele der milliardenschweren Coronahilfen für die Wirtschaft noch nicht abgeflossen sind, wird der Haushaltsrahmen für 2020 aber bei weitem nicht ausgeschöpft, weshalb die Neuverschuldung in diesem Jahr bei 160 Mrd. Euro liegen könnte. Außergewöhnliche NotlageDie Neuverschuldung für 2021 übersteigt die laut Schuldenregel zulässige Grenze um rund 164 Mrd. Euro. Mit 374 Ja- und 73 Neinstimmen sowie 187 Enthaltungen setzte das Parlament daher die Schuldenbremse aus. Aus der Opposition hatte nur die AfD ein Nein angekündigt. Der Bundestag stellte “eine außergewöhnliche Notsituation” fest. Begründet wird dies mit Ausgaben und Einnahmeausfällen aufgrund der Corona-Pandemie. Der Etat sieht allein fast 40 Mrd. Euro für Unternehmenshilfen und 35 Mrd. Euro als Reserve für noch nicht bezifferbare mögliche Ausgaben in Zusammenhang mit der Viruspandemie vor.”Schulden sind ein süßes Gift”, mahnte Christian Dürr von der FDP. So würden die jetzigen Lasten auf künftige Generationen übergehen, was inakzeptabel sei. Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler kritisierte dagegen vor allem die zu kurzen Tilgungsfristen bei der Rückführung der Coronaschulden. “Aktuell verdient der Staat gerade Geld mit der Aufnahme von Krediten”, gab Kindler zu bedenken. Die Linke kritisierte vor allem den Verteidigungsetat, der am Dienstag ebenfalls zur Debatte stand. “Die Rüstungsausgaben sind in den letzten Jahren explodiert”, sagte Gesine Lötzsch. Die Gelder wären in der Bildung, im Klimaschutz und für Wohnungen besser investiert, sagte die Linken-Politikerin. Die AfD kritisierte die Coronapolitik der Regierung als “völlig unverhältnismäßig” und warnte, dass Strukturen der Wirtschaft zerstört werden. Der Lockdown müsse schnell enden, 2021 werde auch so Zehntausende Insolvenzen bringen.”Ja, wo gehandelt wird, werden auch Fehler gemacht”, räumte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in der Haushaltsdebatte auf Kritik an der schleppenden Auszahlung der Coronahilfen an Unternehmen aus seinem Ressort ein. Bei drei Millionen potenziell Antragsberechtigten könne es keine absolute Gerechtigkeit in jedem Einzelfall geben. So dürfte sich etwa die Auszahlung der Hilfen für die vom Teil-Lockdown im November und Dezember Betroffenen bis in das neue Jahr verzögern, weshalb die Bundesregierung die Abschlagszahlung an Unternehmen von bisher 10 000 Euro auf 50 000 Euro erhöhen will. Darüber habe sich Finanzminister Scholz mit Altmaier verständigt, berichtete Reuters unter Berufung auf Regierungskreise.