Bundesverfassungsgericht winkt EZB-Krisenkurs unter Auflagen durch

Karlsruher Richter beugen sich der Luxemburger Rechtsprechung - Anleihemärkte kaum beeindruckt

Bundesverfassungsgericht winkt EZB-Krisenkurs unter Auflagen durch

lz/ck Frankfurt – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) grundsätzlich gebilligt, für die Teilnahme der Bundesbank aber eine Reihe von Auflagen formuliert, die Bundestag und Bundesregierung beachten müssen. Das OMT-Programm wurde 2012 aufgelegt und soll der EZB ermöglichen, Krisenländern, die sich nur noch unter prohibitiv hohen Zinsen am Markt finanzieren können, durch Ankäufe von Staatsanleihen unter die Arme zu greifen. Die Kläger halten das indes für eine – der EZB explizit verbotene – monetäre Staatsfinanzierung.Die Entscheidung des BVerfG war mit Spannung erwartet worden, weil Karlsruhe beim Vorlagebeschluss für den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung der europarechtlichen Fragen große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hatte. Der EuGH hatte die Maßnahmen der EZB 2015 aber rundum gebilligt. Die deutschen Richter beugten sich nun dieser Sichtweise, zeigten sich inhaltlich aber nach wie vor nicht überzeugt und formulierten eine Reihe von Auflagen hinsichtlich der technischen Umsetzung der Anleihekäufe.”Nicht jede Aussage in einem so komplexen Urteil wird auf Zustimmung stoßen. Und auch der Gerichtshof der Europäischen Union und das Bundesverfassungsgericht sind sich nicht in allen Punkten einig”, erklärte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverlesung. Ifo-Präsident Clemens Fuest sprach von einer “Kehrtwende” der Richter. Die Auflagen seien “viel zu schwach”. DIW-Präsident Marcel Fratzscher hält das hingegen für eine “kluge Entscheidung”, weil die Richter nun die Autorität des EuGH anerkennen würden. Die meisten Ökonomen sehen jetzt auch keine Gefahr mehr, dass Karlsruhe die Anleihkäufe im Rahmen des QE-Programms einschränken könnte.An den europäischen Anleihemärkten hatte die Entscheidung keinen erkennbaren Einfluss. Wie schon an den Tagen zuvor dominierte das anstehende Brexit-Votum das Geschehen bzw. veranlasste die Marktteilnehmer zu einer abwartenden Haltung. Auch die Stellungnahme der US-Zentralbankgouverneurin Janet Yellen lockte die Akteure am Nachmittag nicht aus der Reserve. Die laufende Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihe lag zuletzt bei 0,05 % und war damit im Vergleich zum Wochenauftakt praktisch unverändert. Die Anleihen der Peripheriestaaten tendierten geringfügig schwächer. So stieg der Aufschlag zehnjähriger spanischer Staatsanleihen auf Bundesanleihen von 142 auf 145 Basispunkte. Der Euro reagierte dagegen auf die zuversichtlichen Äußerungen Yellens zur US-Wirtschaft und verlor 0,5 % auf 1,1261 Dollar.—– Nebenstehender Kommentar- Schwerpunkt Seite 7