Calpers-Chefanleger schmeißt nach Fehltritt hin
Von Norbert Kuls, New YorkDie Fondsmanager des kalifornischen Pensionsfonds Calpers waren einst als knallharte Vollstrecker von Aktionärsinteressen bekannt. Bis vor zehn Jahren veröffentlichte die mächtige Institution jedes Jahr eine “Focus List”, eine Art schwarzer Liste von Unternehmen mit unterdurchschnittlichen Leistungen. Im Visier von Calpers standen Aktiengesellschaften, die ihre Anteilseigner ignorierten, die Führungskräften zu viel zahlten und deren Aufsichtsgremien zu wenig Biss hatten. In anderen Worten: Calpers forderte gute Unternehmensführung.Mittlerweile ist der Pensionsfonds durch Fehltritte von Managern aufgefallen. Vor wenigen Tagen trat Chefinvestor Ben Meng nach nicht mal zwei Jahren in dieser Position wegen Interessenkonflikten zurück. Vor zwei Jahren war der gerade als Finanzchef angetretene Charles Asubonten zurückgetreten, nachdem öffentlich wurde, dass er seinen Lebenslauf geschönt hatte. Der ehemalige Calpers-Vorstandschef Fred Buenrostro landete 2016 gar im Gefängnis, weil er Hunderttausende Dollar Schmiergeld von einem Investmentmanager angenommen hatte. Sein Komplize, ein ehemaliger Verwaltungrat von Calpers, erschoss sich vor Beginn seiner Gerichtsverhandlung.Der jüngste Fehltritt ist zum Glück weniger dramatisch. Meng hatte im März 1 Mrd. Dollar von Calpers in einen Fonds der Beteiligungsfirma Blackstone investiert. Das Problem: In Mengs persönlichem Depot lagen Blackstone-Aktien im Wert von rund 70 000 Dollar. Meng könnte also persönlich profitieren, wenn Blackstone Gebühren von Calpers erhält. Als “Pflichtverletzung” bezeichnete der emeritierte Wirtschaftsprofessor James Hawley das Verhalten von Meng, gegen den eine anonyme Beschwerde eingegangen war. “Eine Milliarde ist viel Geld”, sagte Hawley – selbst für eine Pensionskasse, die fast 400 Mrd. Dollar für Angestellte des öffentlichen Dienstes verwaltet. Im KreuzfeuerAn der Wall Street gelten solche Fehler als Anfängerfehler. Calpers-Vorstandschefin Marcie Frost glaubte daher, dass Meng, der unter hohem Druck stand, die Renditen zu steigern, nur einen unabsichtlichen Fehler gemacht hatte. Sie wollte es bei einer formalen Rüge belassen. Aber Meng stand in diesem Jahr bereits aus anderen, nicht immer fairen Gründen im Kreuzfeuer.Im Februar hatte der republikanische Abgeordnete Jim Banks aus dem Bundesstaat Indiana Meng wegen seiner chinesischen Herkunft attackiert. Banks warf Meng vor, “nichttraditionelle Spionage” für Peking zu betreiben und amerikanische Pensionsgelder in chinesische Hände zu leiten. Der in China geborene Meng ist US-Staatsbürger, ging nach einer längeren Karriere an der Wall Street und bei Calpers im Jahr 2015 allerdings nach China zurück, um dort für die staatliche Behörde für Devisenhandel (SAFE) zu arbeiten. Frost hatte Meng dann persönlich wieder zu Calpers zurückgeholt. In einem Interview sagte Meng, er habe Frosts Drängen nachgegeben, um “dem Land zu dienen”, das ihm so viel gegeben habe, seit er vor 25 Jahren mit einem “Rucksack und 200 Dollar” als Student in Kalifornien angekommen sei.Calpers und prominente Investoren an der Wall Street, darunter Blackstone-Chef Stephen Schwarzman, verteidigten Meng gegen den Angriff von Banks. Aber im April geriet Meng dann wegen hoher Verluste im Zuge der pandemiebedingten Marktpanik erneut in die Schlagzeilen. Meng hatte zuvor aus Kostengründen ein Absicherungsprogramm beendet. Der Fonds hat sich inzwischen wieder von den Rückschlägen erholt, aber eine Calpers-Verwaltungsrätin warf Meng vor, Nachfragen zur Absicherungsstrategie nicht “ganz ehrlich” beantwortet zu haben. Mitte Juli wies Calpers einen im Branchenvergleich hohen Gewinn von 4,7% für das vergangene Geschäftsjahr aus. Das gesteckte Ziel von 7 % wurde aber das zweite Jahr in Folge verfehlt.Meng wurde der Druck schließlich zu viel. Er sei stolz auf die Änderungen im Portfolio und Calpers sei auf gutem Weg, das Renditeziel zu erreichen, erklärte er. “Aber es ist mir wichtig, mich auf meine Gesundheit und meine Familie zu konzentrieren und das nächste Kapitel in meinem Leben aufzuschlagen.”