Carl-Ludwig Thiele 65
Von Mark Schrörs, FrankfurtNach seinem Ausscheiden aus dem Bundesbankvorstand Ende April genießt Carl-Ludwig Thiele aktuell erst einmal die freie Zeit, die er nun hat. Zusammen mit seiner Frau und den beiden jüngsten seiner fünf Kinder war er jetzt auf der Nordseeinsel Juist in Urlaub. Zugleich ist für Thiele, der morgen im Familien- und Freundeskreis seinen 65.Geburtstag feiert, aber auch klar, dass er jetzt nicht nur noch die Füße hochlegen will. “Das kann ich auch gar nicht”, sagt er selbst von sich: “Ich will gerne noch ein bisschen etwas machen.”Als Erstes hat Thiele, der nach fast drei Jahrzehnten beruflicher Pendelei (Bonn, Berlin und Frankfurt) nun wieder sein festes Domizil in Osnabrück hat, seine Zulassung als Rechtsanwalt wieder aufleben lassen und berät freiberuflich Unternehmen. Ehrenamtlich engagiert er sich aktuell stark für die Osnabrücker Patsy und Michael Hull Foundation, die sich für Inklusion durch Tanz und Bewegung einsetzt. Perspektivisch kann sich Thiele gut vorstellen, seine Erfahrung und seine Expertise sowie sein Netzwerk in Aufsichts- oder Beiratstätigkeiten einzubringen. Eine exekutive Funktion strebt der Finanzexperte aber nicht mehr an. Zwei Jahrzehnte lang, von 1990 bis 2010, war Thiele Abgeordneter im Deutschen Bundestag, und von 2002 bis 2010 zudem stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Von 2010 bis 2018 war der Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse dann Vorstandsmitglied der Bundesbank und dort zuletzt insbesondere für die Bereiche Bargeld sowie Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme zuständig. Kein Wunder, dass er auch jetzt noch sehr interessiert die Debatte über die Euro-Geldpolitik genauso verfolgt wie die Diskussion über den Zahlungsverkehr mit dem Iran oder jene über die deutschen Target2-Forderungen.Bei der Bundesbank hatte sich Thiele insbesondere mit den Themen Bargeld und Gold einen Namen gemacht. Als 2012 in Deutschland eine aufgeregte Debatte über die Goldreserven der Bundesbank losbrach, halfen Thiele seine politische Expertise und die Erfahrung, dass Transparenz das beste Mittel gegen Spekulation und Legendenbildung ist. Thiele sorgte dafür, dass die Öffentlichkeit umfassend über die Goldreserven informiert wurde und verantwortete auch die Rückholaktion großer Teile der deutschen Goldreserven aus dem Ausland.Bei der Abschiedsfeier für Thiele und den zeitgleich ausscheidenden Vorstand Andreas Dombret Anfang Mai lobte Bundesbankpräsident Jens Weidmann Thieles Engagement für die Bundesbank – speziell beim Thema Gold. “Sie haben klargestellt, dass bei uns alles Gold ist, was glänzt”, sagte Weidmann mit Blick auf die Transparenzoffensive der Notenbank.