"Chance beim Schopfe packen und nutzen"
ahe Brüssel – Kurz vor der Amtseinführung von Joe Biden als neuer US-Präsident hat auch die Eurogruppe sondiert, wie ein Neustart in den transatlantischen Beziehungen gelingen kann. Nach einer Videokonferenz der Euro-Finanzminister, an der auch der Wirtschaftswissenschaftler und frühere US-Finanzminister Larry Summers teilgenommen hatte, sprach Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe von einem guten Start. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies darauf, dass ein Neustart in den Beziehungen in der jetzigen Krise wichtiger sei denn je und zudem in beiderseitigem Interesse liege.Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte schon im Vorfeld der Beratungen die große Bedeutung der transatlantischen Beziehungen für die Zukunft Europas hervorgehoben. Die EU und die USA verbänden gemeinsame Werte, betonte er. Ebenso wie für den EU-Wiederaufbaufonds gelte dies auch für die USA: “Wir müssen die Chance beim Schopfe packen und auch nutzen. Und wir bekommen sie auch nicht ein zweites Mal.” Berlin will ein Zeichen setzenScholz rief auch die übrigen Euro-Staaten dazu auf, rasch ehrgeizige und zukunftsweisende nationale Wiederaufbaupläne vorzulegen und diese dann entschlossen umzusetzen. Er verwies darauf, dass Deutschland hier mit einem guten Beispiel vorangehen wolle. In dem deutschen Wiederaufbauplan, der bereits im Dezember vom Kabinett beschlossen wurde, seien für den Klimaschutz und die Digitalisierung jeweils Ausgaben in Höhe von 11 Mrd. Euro vorgesehen und damit insgesamt 80 % der Mittel, die Deutschland aus der europäischen Recovery- und Resilienzfazilität erwarte. Vorgegeben war hier ein deutlich geringerer Anteil: 37 % für den Klimaschutz und 20 % für die Digitalisierung. Nach Angaben von Scholz sollten zudem länderübergreifende Investitionen getätigt werden, beispielsweise die Entwicklung von Wasserstoffprojekten.Aus dem insgesamt 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds sollen 672,5 Mrd. Euro direkt an die EU-Mitgliedstaaten ausgeschüttet werden. Hierfür müssen die Länder allerdings erst ihre nationalen Aufbaupläne in Brüssel zur Genehmigung einreichen. Mit den ersten Entwürfen zeigten sich Donohoe und auch Gentiloni nach Ansicht in der Eurogruppe weitgehend zufrieden. Spanien erhielt ein Extralob für seine Präsentation. Den italienischen Entwurf bezeichnete Gentiloni ebenfalls als “sehr gute Basis” für weitere Diskussionen und in weiten Teilen mit den Vorgaben vereinbar.Italien und Spanien sind mit Abstand die größten Nutznießer des Recovery-Fonds. Aus dem EU-Parlament kam erneut Kritik: In Italien setze die Regierung die vollkommen falschen Prioritäten und viel zu wenig auf Zukunftsinvestitionen, in Spanien wolle Premierminister Pedro Sánchez das Geld nach Gutsherrenart verteilen, monierte der CSU-Finanzexperte Markus Ferber.