China kommt mit seiner digitalen Währung nur langsam, aber beharrlich voran
Vorreiter China kommt beim eCNY mühsam und beharrlich voran
Nationales Prestigeprojekt – Dollar-Alternative als großes Ziel
nh Schanghai
Keine Frage, der digitale Yuan ist ein nationales Prestigeprojekt, für dessen Vorantreiben Chinas Zentralbank keine Mühen und Kosten scheut. China hat sich schon vor sieben Jahren als erste große Volkswirtschaft zur Entwicklung einer digitalen Währung bekannt und ist die Sache ohne große zeitliche Hast, aber mit akribischen Vorbereitungen und Planungskonzepten angegangen.
Im Gegensatz zu westlichen Ländern, die sich lange mit Sinn und Unsinn beziehungsweise der Notwendigkeit einer digitalen Währung im Abgleich mit Kosten-Nutzen-Erwägungen befasst haben, war für China allein die Vorstellung einer globalen Führungsrolle bei diesem Thema Anreiz genug, alle erdenklichen Ressourcen zu mobilisieren. Das strategische Kalkül Pekings hat zwei Facetten.
Mehr geopolitische Unabhängigkeit
Es geht einerseits um Autonomiebestreben. China will in Zeiten verstärkter geopolitischer Konflikte mit einem vom internationalen Bankensystem und dem Dollarkreislauf völlig entkoppelten Umfeld gewissermaßen sanktionsgeschützt mit verbündeten Ländern ein vollumfängliches Zahlungs- und Abwicklungssystem für grenzüberschreitende Transaktionen auf Blockchain-Basis aufziehen.
Dies ist freilich ein Mammutunterfangen, das im Zusammenhang mit Chinas langfristigen Ambitionen zur Internationalisierung des Yuan steht. Ziel ist, diesen trotz fehlender freier Konvertibilität und enger Devisenverkehrsbeschränkung als eine globale Alternative zu Dollar und Euro zu etablieren. Dies ist ein zähes Unterfangen von hoher technischer Komplexität, bei dem man nur schleppend vorankommt. Seit zwei Jahren laufen die Arbeiten an einer mBridge genannten Plattform, an der bislang lediglich die Notenbank der Sonderverwaltungszone Hongkong sowie die Zentralbanken Thailands und der Vereinigten Arabischen Emirate partizipieren.
Alternative zu privaten Anbietern schaffen
Was den privaten Zahlungsverkehr angeht, ist es der chinesischen Regierung ein großes Anliegen, in einem Land, in dem sich E-Commerce rasend schnell verbreitet hat und praktisch auch alle Zahlungsvorgänge im physischen Einzelhandel per Smartphone getätigt werden, das Feld nicht völlig den etablierten Platzhirschen Alipay und Wechatpay zu überlassen. Hinter diesen beiden Alleskönner-Apps stehen die privaten Tech-Konzerne Ant Group und Tencent. Dies hat sowohl etwas mit staatlichen Kontrollgedanken als auch mit einem Sicherheitsbedürfnis zu tun. Im Fall der Fälle will man ein von diesen Betreibern und ihrer technischen Infrastruktur unabhängiges Zahlungssystem parat haben.
Vor drei Jahren hatte Peking eine massive Regulierungskampagne gegen die ihm zu mächtig erscheinenden heimischen Tech-Riesen gestartet, die viele befürchten ließ, dass der eCNY dazu angelegt ist, die Zahlungs-Apps nach und nach zu verdrängen. Danach sieht es mit dem Abflauen der Tech-Kampagne mittlerweile nicht mehr aus. Seitens der Zentralbank spricht man von einer Symbiose, die darin besteht, dass Alipay und Wechat das eCNY-Wallet in ihre Apps eingliedern und dem Nutzer Wahlmöglichkeiten des Bezahlungsvorgangs lassen.
Keine große Nachfrage
Für die an Alipay und Wechat gewöhnten Verbraucher spielt die mittlerweile in 5,6 Millionen Verkaufsstellen theoretisch nutzbare eCNY-Alternative freilich keine Rolle und wird abseits von irgendwelchen Lockangeboten seitens einzelner Händlergruppen praktisch völlig ignoriert. Die Zentralbank übt sich hier in Geduld und setzt darauf, dass der dem Handel gratis angebotene eCNY-Zahlungsweg, dem sehr geringe Kosten bei der Abwicklung über Alipay und Wechat gegenüberstehen, sich dennoch schleichend etabliert.
Die Tatsache, dass man den eCNY im chinesischen Zahlungsalltag auch etwa zur Abwicklung von laufenden Strom-, Wasser-, Gas- und Telekomrechnungen de facto nicht braucht, macht die Angelegenheit aus Sicht der Zentralbank noch lange nicht zu einem Flop. Vielmehr verlegt sie sich darauf, dass größere Zahlungsbeträge, mit denen man bei Alipay und Wechat schnell an Grenzen stößt, mehr Volumen in das eCNY-System bringen. In diesem Jahr wurden die ersten Unternehmen rekrutiert, die Gehaltszahlungen auf diesem Weg direkt an Mitarbeiter übermitteln. Auch verweist man darauf, dass eCNY einen geschützten Weg für direkte Geldtransfers zwischen Personen abgibt.