WERTBERICHTIGT

China lechzt nach Straßenschlachten

Börsen-Zeitung, 3.6.2020 Chinas staatstreue Medien haben normalerweise eine methodische Scheu davor, Straßenproteste - egal wo in der Welt - in Wort und Bild zu dokumentieren. Alles, was nach sozialem Unfrieden riecht, soll im Reich der Mitte bloß...

China lechzt nach Straßenschlachten

Chinas staatstreue Medien haben normalerweise eine methodische Scheu davor, Straßenproteste – egal wo in der Welt – in Wort und Bild zu dokumentieren. Alles, was nach sozialem Unfrieden riecht, soll im Reich der Mitte bloß nicht Schule machen. Das galt erst recht für die monatelangen Demonstrationen und Straßenproteste in Hongkong, von denen man denkbar wenig zu sehen bekam. Bei den Protesten gegen polizeiliche Gewalt, die gegenwärtig die USA in Atem halten, sieht es anders aus: Chinas Netzpublikum kann sich kaum noch vor der Flut von Bildern, Videos und Kommentaren retten, die von öffentlichen Nachrichtenportalen auf hunderte Millionen von Smartphones gedrückt werden. Je höher die Flammen von angezündeten Gebäuden schlagen und je heftiger Schaufensterscheiben auf US-Einkaufsstraßen zerbersten, desto genüsslicher fällt die öffentliche Berichterstattung aus. Parallel twittern chinesische Diplomaten hämische Kommentare, um auch internationale Reichweite zu erlangen. Twitter ist in China zwar verboten, aber solche Botschaften werden dann doch gerne transportiert. nh