Konjunktur

Chinas BIP-Daten wecken Hoffnung

Chinas Wirtschaft hat mit 4,9% Wachstum im dritten Quartal besser abgeschnitten als erwartet. Eine markante Konsumbelebung im September zündet einen Hoffnungsfunken an den Märkten. Die Probleme im Immobiliensektor erweisen sich aber weiterhin als Bremse.

Chinas BIP-Daten wecken Hoffnung

Chinas BIP-Daten wecken Hoffnung

Überraschend kräftiges Wachstum – Vor allem Konsum überzeugt – Impulse der Notenbank entfalten erste Wirkung

Chinas Wirtschaft hat mit 4,9% Wachstum im dritten Quartal besser abgeschnitten als erwartet. Eine markante Konsumbelebung im September zündet einen Hoffnungsfunken an den Märkten. Und auch die Industrieproduktion zeigt Lebens­zeichen. Die Impulse der Notenbank scheinen Wirkung zu entfalten.

nh Schanghai

Chinas Wirtschaft scheint wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Einer langen Durststrecke mit ernüchternden Konjunkturdaten folgen nun konkrete Anzeichen für eine Belebung. Zur Überraschung der Marktteilnehmer hat sich die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft im September insbesondere auf Ebene des Konsums deutlich gefestigt. Dies führt zu einem über den Erwartungen liegenden Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,9% im dritten Quartal. Die Analysten hatten im Mittel nur einen Anstieg um 4,4% gegenüber der Vorjahresperiode auf dem Zettel.

Statistisch hat sich Chinas Wachstum zwar entschleunigt, nachdem man im zweiten Quartal noch auf ein Wachstum von 6,3% gegenüber Vorjahr gekommen war. Der Ausweis im Juni-Quartal war allerdings von einem extrem starken Basiseffekt geprägt. Schließlich erfolgte der Vergleich mit einer Vorjahresperiode, in der die chinesische Wirtschaft mit einem harten Lockdown in der Wirtschaftsmetropole Schanghai praktisch auf der Stelle getreten war. Nun hingegen knüpft sie wieder an die Performance im ersten Quartal an, als das chinesische BIP um 4,8% geklettert war.

Dynamikgewinn

Die Besserungstendenz manifestiert sich vor allem auch auf Ebene des sequenziellen Wachstums im Vergleich zum jeweiligen Vorquartal. Während die chinesische Wirtschaft im Juni-Quartal mit einem Plus von 0,8% gegenüber der Vorperiode auf einem alarmierend niedrigen Niveau gewachsen war, sieht man nun für das September-Quartal einen klaren Dynamikzuwachs mit einem sequenziellen Anstieg um 1,3%.  

Chinas Wirtschaft hatte sich nach dem abrupten Ausstieg aus der Null-Covid-Politik zu Jahresbeginn zwar zunächst wieder kräftig aufgebäumt, ohne dass es allerdings gelang, in eine zumindest von der Regierung so apostrophierte nachhaltige konsumgeleitete Aufschwungsphase überzugehen. Vielmehr sah man im Frühjahr einen deutlichen Schwungverlust mit einer extrem lustlosen Konsumnachfrage, starker Investitionszurückhaltung seitens der Privatwirtschaft und einem überraschend kräftigen Rückgang der Exporte.

In Verbindung mit den akuten Verschuldungsproblemen chinesischer Immobilienentwickler, die die Bauwirtschaft und die Nachfrage am Wohnimmobilienmarkt drosseln, hat dies zu einem breiten Verlust des Wirtschafts- und Konsumvertrauens beigetragen, der die anfängliche „Wiederöffnungsrally“ am chinesischen Aktienmarkt in eine langgestreckte Baisse hat übergehen lassen.

Monetäre Impulse helfen

Seitens der Regierung hat man ab Jahresmitte mit einer Reihe von Konsumanregungsmaßnahmen und fiskalischen Impulsen in Form von Sonderanleihen zur Ankurbelung der Infrastrukturinvestitionen reagiert. Darüber hinaus hat die Zentralbank vorsichtige monetäre Impulse mit der Rücknahme von Leitzinsen und Mindestreservesätzen eingeleitet und damit zur Stabilisierung der Kreditnachfrage beigetragen. Allerdings setzt die prononcierte Schwäche des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar und die noch nicht abgeschlossene Zinserhöhungsphase in den USA und in europäischen Ländern dem monetären Lockerungskurs der People’s Bank of China (PBOC) einige Grenzen.

Die neuen BIP-Daten vom Mittwoch zeigen an den Märkten begrenzte Wirkung. Im Schanghaier Devisenhandel kräftigte sich die chinesische Währung um 0,2% auf 7,3 Yuan zum Dollar, während die schwach gestarteten Aktienbörsen nach der Datenvorlage zunächst ins Positive drehten. Der Leitindex in Hongkong eröffnete schwach mit einem Minus von 0,8% und ging nach Bekanntgabe der BIP-Daten 0,5% ins Plus, gab den Vorsprung zur Mittagszeit aber bereits wieder ab.

Konsum überrascht positiv

Bei den am Mittwoch vom Statistikbüro parallel verbreiteten Wirtschaftsleistungsdaten für September ragt vor allem der Konsumtrend positiv heraus. So haben die seit Frühjahr vor sich hin dümpelnden Einzelhandelsumsätze um 5,5% gegenüber Vorjahrsmonat angezogen, was klar über den Erwartungen lag. Auf Ebene der Industrieproduktion sieht man mit zuletzt 4,4% Wachstum im September einen Stabilisierungstrend, wobei vor allem die Belebung der Auftragseingänge in der Exportwirtschaft Hoffnung macht.

Als weiche Flanke gelten allerdings die Anlageinvestitionen. Das sogenannte Fixed Asset Investment ist in den ersten neun Monaten um 3,1% gegenüber der Vorjahresperiode gewachsen, was für China ein schleppendes Tempo bedeutet. Während die Regierung mit weiteren Sonderanleiheprogrammen verstärkt öffentliche Infrastrukturprojekte anleiert, zeigt sich keine Besserung auf Ebene der privaten Investitionen.

Sorge um Immobilienmarkt

Kummer macht vor allem der angeschlagene Immobiliensektor, wo sich die Verschuldungs- und Liquiditätskrise bei führenden Bauträgern wie Evergrande und Country weiter zuspitzt. So sind die Immobilieninvestitionen in der Periode Januar bis September mit einem Rückgang um 9,1% nochmals stärker zurückgedrängt worden als erwartet.

Da neben Evergrande auch Dutzende anderer großer Immobilienentwickler in latente Insolvenzgefahr geraten sind, gibt es wenig Hoffnung, dass sich das Sentiment und die Käuferzurückhaltung im Wohnimmobilienmarkt rasch bessern. Damit gilt auch das Erholungspotenzial am Aktienmarkt als eher begrenzt.