Konjunktur

Chinas Industrie macht weiter Kummer

Neue Daten aus China erwecken den Eindruck, dass die Aufschwungstendenz nach Abschaffung von Corona-Restriktionen in einen Schlingerkurs übergeht. Analysten zeigen sich besorgt.

Chinas Industrie macht weiter Kummer

Chinas Industrie macht weiter Kummer

Einkaufsmanagerindizes geben nach – Erholung nach Corona droht aus der Spur zu geraten

nh Schanghai

Chinas neue Einkaufsmanagerdaten verstärken die Sorgen über einen nachlassenden Schwung in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft. Damit droht auch das erhoffte Erholungsszenario nach dem Ausstieg aus den strengen Corona-Restriktionen im Frühjahr aus den Fugen zu geraten. Während der Dienstleistungssektor insbesondere in tourismusverwandten Bereichen wieder auf hohen Touren läuft, lässt die Stabilisierung im Industriebereich weiter auf sich warten. Beobachter zeigten sich enttäuscht.

So ließ etwa der Mai mit einer ausgelassenen Reisewelle zu Monatsbeginn bei vielen China-Analysten einigen Optimismus in Sachen konsumgeleiteter Erholung aufkommen. Im verarbeitenden Gewerbe hingegen fiel die Stimmung noch trüber aus, als ohnehin erwartet worden war. Der am Mittwoch veröffentlichte offizielle Purchasing Managers Index (PMI) des Pekinger Statistikbüros ist im Mai nochmals deutlich spürbar von 49,2 auf 48,8 Punkte gesunken. Damit ist das Stimmungsbarometer noch tiefer unter die sogenannte Expansionsschwelle bei 50 Punkten gedrückt worden. Werte unterhalb dieser Grenze signalisieren eine Schrumpfung der Industrieaktivität gegenüber dem Vormonat.

Neues Tief

Schon seit Februar weisen die PMI für das verarbeitende Gewerbe eine absteigende Tendenz auf. Nun liegen die Werte wieder auf dem niedrigsten Stand seit Dezember. Damals begann die chinesische Regierung mit der Aufhebung von Lockdowns und Mobilitätsrestriktionen. Analysten waren indes davon ausgegangen, dass sich die Situation stabilisieren und der Index im Mai wieder leicht ansteigen würde.

Auch beim sogenannten Non-Manufacturing PMI des Statistikbüros, der neben den klassischen Dienstleistungen auch die Entwicklung im Baugewerbe widerspiegelt, zeigen sich Ermüdungserscheinungen nach kräftigen Ausschlägen in den vorangegangenen Monaten. Im Mai ist der Indexwert deutlich von 56,4 auf 54,5 Punkte gesunken. Er befindet sich damit aber noch klar im Wachstumsterritorium (über 50 Punkte).

An den Finanzmärkten wachsen inzwischen die Befürchtungen, dass die Post-Covid-Erholung der chinesischen Wirtschaft bereits wieder an Momentum verliert. Die Hoffnung einer durch den Konsum angetriebenen Erholung schwindet. Der Mai sorgte nun für eine Serie von enttäuschenden Konjunkturdaten, die Chinas Aktienmärkte auf Baisse schalten lassen. An der Hongkonger Börse fiel der Leitindex Hang Seng am Mittwoch um weitere 2,2%. Damit hat er allein im Mai knapp 9% eingebüßt.

Skeptische Investoren

Globale Investoren zeigen sich zunehmend skeptisch gestimmt. Das macht sich etwa in wachsenden Nettokapitalabflüssen bemerkbar. Diese wiederum färben auch auf den Yuan-Kurs ab. Am Hongkonger Offshoremarkt gab der Yuan am Mittwoch um 0,5% gegenüber dem Dollar nach und notiert bei 7,13 Yuan je Dollar. Das entspricht dem niedrigsten Niveau seit sechs Monaten. Angesichts der Sorgen um die Nachhaltigkeit des chinesischen Post-Covid-Aufschwungs machen sich zunehmend Stimmen bemerkbar, die die chinesische Regierung und die Zentralbank zu beherzteren Stimulierungsmaßnahmen auffordern.

Zwar rechnen die Marktteilnehmer nicht mit einem raschen Umschwenken der Zentralbank auf einen expliziten Lockerungskurs mit spürbaren Impulsen, doch festigt sich die Erwartung, dass die Peoples Bank of China (PBOC) im Juni oder Juli eine weitere leichte Senkung der Mindestreservesätze und damit eine Erweiterung der Kreditvergabespielräume veranlassen könnte. Im März waren die Mindestreservesätze für chinesische Geschäftsbanken bereits geringfügig um durchschnittlich 0,25 Prozentpunkte gesenkt worden.

Darüber hinaus rechnen Experten mit einer Reihe von begleitenden Maßnahmen zur Anregung von Infrastrukturinvestitionen. Zu einer Festigung des weiter schwachen Immobilienmarkts könnten Förderbankkredite und die selektive Lockerung von Wohnungserwerbsbestimmungen auf regionaler Ebene beitragen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.