Chinas Wirtschaft beginnt sich zu fangen
Chinas Wirtschaft beginnt sich zu fangen
Industrieproduktion und Konsum ziehen im August an – Immobilienmarkt zeigt keine Besserungstendenz
nh Schanghai
Chinas neue Wirtschaftsdaten für August lassen die Marktteilnehmer etwas aufatmen. Nachdem sich die chinesische Regierung dem seit Frühjahr zu beobachtenden konjunkturellen Abwärtstrend mit einer ganzen Reihe von Stimulierungsmaßnahmen energischer entgegengestemmt hat, macht sich eine Stabilisierungstendenz auf Ebene der Industrieproduktion und des Konsums bemerkbar.
Nach Angaben des Statistikbüros zog der Industrieoutput im August um 4,6% gegenüber Vorjahresmonat an und knüpft damit nun erstmals wieder an eine gewohnte Dynamik mit mittleren einstelligen Zuwachsraten an. Zuvor im Juli hatte man ein Wachstum von 3,7% verbucht.
Einzelhandel überrascht positiv
Für Erleichterung sorgt insbesondere die Belebungstendenz bei den in den vergangenen Monaten durchweg enttäuschend verlaufenden Konsumindikatoren. Im August sind die Einzelhandelsumsätze um 4,6% gegenüber Vorjahresmonat geklettert, was eine merkliche Beschleunigung bedeutet. Im Juli etwa war das Wachstum der Erlöse im Retailgewerbe auf 2,5% verkümmert, ein für chinesische Verhältnisse extrem niedriger Wert.
Die jüngste Kräftigung lässt sich auf eine Reihe von Maßnahmen zurückführen, mit denen Peking versucht, positiv auf das Verbrauchersentiment einzuwirken und der Zurückhaltung bei größeren Haushaltsanschaffungen mit Anreizmaßnahmen zu begegnen. Das Dienstleistungsgewerbe profitiert von einer kräftigen Reisewelle in den Sommermonaten, die tourismusverwandten Bereichen und dem Gaststättengewerbe Rückenwind verliehen hat.
Experten bezweifeln Durchbruch beim Konsum
Darüber hinaus zeigen sich die Verbraucher in Segmenten wie Kosmetika, Juwelen und anderen „Verwöhnungsartikeln“ ausgabenfreudiger. Ob dies allerdings bereits einen echten Durchbruch bedeutet, wird von Analysten stark angezweifelt, zumal der Aufschwung in der Tourismusbranche eher saisonalen Charakter haben dürfte.
Während die Daten zu Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätzen eine positive Überraschung darstellen, sehen Analysten anhaltende Schleifspuren beim Fixed Asset Investment. So sind die Analageinvestitionen in den ersten acht Monaten mit einem Plus von 3,2% gegenüber der Vorjahresperiode eher schleppend angewachsen, obwohl seit Jahresmitte öffentliche Infrastrukturprojekte, die von Lokalregierungen verantwortet werden, verstärkt angekurbelt werden.
Wohnungsmarkt macht Kummer
Als Bremse erweist sich hier weiterhin der angeschlagene Immobiliensektor. So sind die Immobilieninvestitionen im Zeitraum Januar bis August um 8,8% gegenüber Vorjahr gesunken. Auch begleitende Immobilienmarktdaten vom Freitag zeigen keine Besserungstendenz auf. Die Neuwohnungsverkäufe hinken deutlich hinter Normalzeiten zurück, was die Liquiditätsprobleme der in einer schweren Verschuldungskrise steckenden Immobilienentwickler weiter verschärft.
Die vom Statistikbüro verantwortete Aufstellung zur Entwicklung der Neuwohnungspreise in Ballungsgebieten zeigt ebenfalls einen negativen Trend. Im August fielen die Immobilienpreise in 52 der insgesamt 70 erfassten chinesischen Großstädte gegenüber Vormonat leicht zurück, in den führenden Metropolen Peking, Schanghai, Shenzhen und Guangzhou weist das Barometer eine abflauende Nachfrage aus.
Ein Sprecher des Statistikbüros sprach am Freitag von anhaltenden zyklischen wie auch strukturellen Belastungsfaktoren für den Konjunkturverlauf in diesem Jahr. Er äußerte aber Zuversicht, dass sich die Wirtschaftskraft im Zuge einer gefestigten Binnennachfrage in den kommenden Monaten weiter stabilisieren dürfte. Dabei setzt Peking verstärkt auch auf monetäre Anschubhilfe im Zuge eines dezidierteren Lockerungskurses der Zentralbank.
Zentralbank lockert erneut
Nachdem die People’s Bank of China (PBOC) im August mit einer geringfügigen Leitzinssenkung aktiv geworden war, setzt sie nun vor allem auf vermehrte Liquiditätszufuhr für das Bankensystem, um die Kreditaktivität anzukurbeln. Am Freitag trat eine weitere Senkung der Mindestreservesätze für Geschäftsbanken um 25 Basispunkte auf nunmehr durchschnittlich 7,4% in Kraft. Gleichzeitig ließ die PBOC am Geldmarkt den Zinssatz für 14-tägige Repo-Geschäfte um 20 Basispunkte auf 1,95% zurücknehmen.