Chinas Wirtschaft in Schlingerphase
nh Schanghai – Chinas neuester Konjunkturdatenkranz für den August verstärkt den Eindruck, dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft unter Abkühlungsdruck steht. Zwar haben sich sowohl die Industrieproduktion als auch die Einzelhandelsumsätze etwas besser entwickelt als von den Analysten erwartet, doch sieht man verstärkte Bremseffekte vonseiten der Anlageinvestitionen und eines schwachen Kreditwachstums. InvestitionsbremseWie das nationale Statistikbüro am Freitag berichtete, haben die chinesischen Anlageinvestitionen in den ersten acht Monaten des Jahres nur mehr um 5,3 % gegenüber der Vorjahresperiode zugelegt. Damit wird das niedrigste Tempo seit der Jahrtausendwende ausgewiesen. Im Vormonat war bereits ein beunruhigend niedriger Anstieg von 5,5 % für die ersten sieben Monate des Jahres gemessen worden. Die Anlageinvestitionen sind einer der grundlegenden Treiber des chinesischen Wirtschaftswachstums.Ursächlich für die Bremse ist in erster Linie das schwache Wachstum der Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand. Hier liegt man mit einem Plus von 4,2 % im bisherigen Jahresverlauf bei der niedrigsten jemals gemessenen Rate. Die Entwicklung steht im Zusammenhang mit einer im vergangenen Jahr losgetretenen Verschuldungsdämpfungskampagne und einer Neuordnung der Budgets auf Lokalregierungs- und Gebietskörperschaftebene, mit der zahlreiche Projektfinanzierungen verzögert worden sind. Zwar hat die Regierung Peking seit Jahresmitte begonnen, gegenzusteuern und die Weichen für einen neuen Infrastrukturinvestitionsschub zu stellen, doch dürfte es noch einige Monate dauern, bis sich dies auch in den Wirtschaftsleistungsdaten widerspiegelt.Ebenfalls im engen Zusammenhang mit der Finanzstabilitätskampagne ist die Neukreditvergabe der Geschäftsbanken im Reich der Mitte auch zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, allerdings beginnt das Gesamtfinanzierungsvolumen in der chinesischen Wirtschaft im Zuge beschleunigter Bondemissionen wieder etwas anzuziehen.Als kleiner Lichtblick bei den Augustdaten gilt eine Belebung auf Ebene der Industrieproduktion, die zuletzt gegenüber Vorjahresmonat um 6,1 % nach +6,0 % im Vormonat anzog. Auch die Einzelhandelsumsätze wuchsen mit 9,5 % nach 8,8 % im Juli etwas flotter, liegen damit aber immer noch unter dem für 2018 als Zielmarke vorgegebenen Expansionstrend von 10 %. Analysten betonen allerdings, dass sich bei näherem Hinsehen auch bei diesen Daten bereits Schleifspuren zeigen. VorzieheffekteZuletzt hat der Output in einigen Schwerindustriebereichen – darunter Automobil, Stahl, Aluminium sowie Erdölverarbeitung – nachgelassen. Auch in Hightech-Bereichen wie der Halbleiterindustrie und bei Industrierobotern sieht man eine Entschleunigung. Zwar haben sich die Exporte im Industriesektor zuletzt flotter entwickelt, doch beruht dies auf Vorzieheffekten mit Blick auf die erwartete Einführung von weiteren US-Zöllen auf immer breitere chinesische Warengruppen. Entsprechend könnte sich bei einer Verschärfung des Handelsstreits hier in den kommenden Monaten eine Delle auftun.Auch an der Konsumfront gibt es einige Schwachstellen. Die jüngsten Einzelhandelsdaten wurden von einer stärkeren Nachfrage nach Wohnungseinrichtungen und Haushaltsgeräten sowie einem Anziehen der Verbraucherpreisinflation beflügelt. Anzeichen für eine Eintrübung des Konsumvertrauens, die ebenfalls im Zusammenhang mit der Nervosität um die Entwicklung des Handelskonflikts stehen, sieht man unter anderem bei der Pkw-Nachfrage, die im August um gut 3 % im Jahresvergleich gesunken ist.