Chinas Wirtschaft verliert an Kraft

BIP-Wachstum rutscht stärker als erwartet auf 6,5 Prozent ab - Industrieproduktion enttäuscht

Chinas Wirtschaft verliert an Kraft

Chinas Wirtschaftswachstum schwächt sich mit einem Plus von 6,5% im dritten Quartal klar ab. Angesichts wachsender Herausforderungen im Zuge des Handelsstreits mit den USA dürfte Peking nun eine expansivere Geld- und Fiskalpolitik anstreben, um das diesjährige Wachstumsziel nicht in Gefahr zu bringen.nh Schanghai – Chinas Wirtschaft kühlt sich ab. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der global zweitgrößten Volkswirtschaft wuchs im dritten Quartal um 6,5 % gegenüber der Vorjahresperiode. Analysten hatten mit einer Expansion von 6,6 % gerechnet. Nach einem Wachstum von 6,8 % in den ersten drei Monaten des Jahres und 6,7 % im zweiten Quartal zeigt sich nun aber eine nachlassende Dynamik. Seit der Jahrtausendwende hat man nur im ersten Quartal 2009, auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise, eine noch schwächere BIP-Expansionsrate von damals 6,4 % erlebt.Gegenwärtig wird vor allem der ausufernde Handelsstreit zwischen China und den USA als Belastung für die chinesische Wirtschaft thematisiert. Tatsächlich aber sind die bislang sichtbar gewordenen Bremsspuren in erster Linie auf heimische Faktoren zurückzuführen. Dazu zählen insbesondere eine schwächere Industrieproduktion, eine nachlassende Konsumkonjunktur und stark gedrosselte Anlageinvestitionen sowie angespannte Finanzierungsbedingungen für Unternehmen im Zuge einer seit längerem laufenden Entschuldungskampagne (Deleveraging). Eine Abkühlung in der zweiten Jahreshälfte ist für sich genommen keine Überraschung, allerdings hatten die Experten damit gerechnet, dass die Schleifspuren erst im Schlussquartal stärker zum Vorschein kommen werden. Nun allerdings geraten auch die Wachstumsprognosen für das Gesamtjahr ins Wanken. Bislang war man von einem Wachstum in Höhe von bis zu 6,7 % ausgegangen, nun aber rechnen die Analysten mit höchstens 6,6 %.Seitens der chinesischen Regierung und auch der Zentralbank ist nun mit einer Intensivierung der Bemühungen zu rechnen, einem weiteren Abschwung entgegenzuwirken. Dabei wird mit einer kräftigeren Ankurbelung von Infrastrukturprojekten, neuen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen und Finanzierungshilfen für Kleinunternehmen und einer weiteren sukzessiven Senkung der Mindestreservevorgaben sowie großzügigeren Liquiditätseinschüssen am Geldmarkt gerechnet. Sorge um AußenhandelFür weiteren Gegenwind könnten externe Faktoren sorgen. Bislang hat der Konflikt mit den USA noch nicht wesentlich auf die Außenhandelsperformance im Reich der Mitte durchgeschlagen, nachdem das Gros der gegenseitig verhängten Strafzölle erst im September zum Tragen gekommen ist. Chinas Exporte sind auch im dritten Quartal mit einem Zuwachs von 11,7 % im Vergleich zum langfristigen Trend überaus kräftig gewachsen. Analysten befürchten allerdings, dass das Außenhandelswachstum bereits im Schlussquartal deutlich abflauen könnte. In einem solchen Szenario könnte Chinas Wirtschaftswachstum für das Jahr 2018 auf bis zu 6,5 % abgleiten, verglichen mit den 6,9 % 2017. Das von der Regierung abgesteckte offizielle Wachstumsziel für 2018 von 6,5 % wäre indes erreicht.Der Sprecher des chinesischen Statistikbüros stieß ins selbe Horn: Auch wenn die internationale Situation weiteren Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft ausüben dürfte, sei insgesamt mit einem stabilen Wachstum zu rechnen und die Nation auf gutem Wege, das offizielle Wachstumsziel komfortabel einzuhalten, hieß es am Freitag. Gewerbe überrascht negativDie am Freitag separat verbreiteten konjunkturellen Leistungsdaten für den Septembermonat zeigen ein gemischtes Bild auf. Als negative Überraschung gilt die Performance im verarbeitenden Gewerbe. So ist die Industrieproduktion gegenüber Vorjahresmonat zuletzt noch um 5,8 % nach zuvor 6,1 % im August vorangekommen. Der Konsens lag bei plus 6 %.An der Konsumfront sieht man eine leichte Belebung bei den Einzelhandelsumsätzen, die mit einem Anstieg um 9,2 % nach 9 % im August über den Erwartungen lagen.Als winziger Lichtblick gilt die jüngste Entwicklung der Anlageinvestitionen, die jeweils für das aufgelaufene Jahr berechnet werden. Nach einem kontinuierlichen Abstieg sieht man nun erstmals in diesem Jahr eine Wende. Für die ersten neun Monate wird ein Anstieg gegenüber Vorjahr von 5,4 % gezeigt, nachdem zuvor im August mit einem Plus von 5,3 % das niedrigste Tempo seit der Jahrtausendwende ausgewiesen worden war.