Chinas Zentralbank schwenkt auf monetäre Lockerung über
Chinas Zentralbank schwenkt auf monetäre Lockerung über
Kleiner Zinssenkungsschritt am Geldmarkt – Breitere Zinsgeste in der Mache – Reaktion auf Konjunktureintrübung
nh Schanghai
In China verdichten sich die Anzeichen für eine Bereitschaft zu offensiveren Stimulierungsmaßnahmen seitens der Regierung und der Zentralbank. Am Dienstag setzte die People’s Bank of China (PBOC) ein erstes Signal für einen monetären Lockerungskurs und veranlasste eine Senkung der Zinsrate für siebentägige Reverse Repos um 10 Basispunkte auf 1,9%. Diese ist die maßgebliche Orientierungsmarke für Geldmarkttransaktionen zwischen chinesischen Geschäftsbanken und beeinflusst damit auch die Tagesgeldsätze.
Die Maßnahme gilt insofern als eine Überraschung, als die Zentralbank höchst selten mit der Reduzierung des kurzfristigen Geldmarktsatzes eine allgemeine Zinssenkungsrunde einläutet. In der Regel setzt die PBOC den Hebel zunächst bei ihrem zentralen geldpolitischen Steuersatz im Rahmen der sogenannten Medium-term Lending Facility (MLF) an. Seit Ende vergangener Woche gehen die Marktteilnehmer bereits davon aus, dass die PBOC am Donnerstag den MLF-Zins, der sich auf einjährige Refinanzierungen der Kreditiinstitute bei der Zentralbank bezieht, um 10 Basispunkte von bislang 2,75% auf dann 2,65% senken wird. Dies wiederum dürfte bedeuten, dass die sehr eng an den MLF-Zinssatz angelehnte chinesische Loan Prime Rate (LPR) als Quasi-Leitzinsen für einjährige Unternehmens- beziehungsweise fünfjährige Hypothekenkredite beim monatlichen Fixing am 20. Juni dann um 5 bis 10 Basispunkte sinken dürfte.
Konjunktur schwächelt
Marktteilnehmer betonen, dass mit der vorgezogenen Anpassung des Geldmarktzinses ein entsprechender Schritt bei der MLF-Rate nun erst recht vorprogrammiert ist. Die letzte Anpassung nach unten war im August 2022 erfolgt, als die chinesische Wirtschaft von drakonischen Corona-Restriktionen mit harten Lockdowns in Großstädten wie Schanghai stark geschwächt wurde und kräftiger Anschubhilfe bedurfte.
Nach dem Ausstieg aus der sogenannten Null-Covid-Politik der Regierung im Dezember hat Chinas Wirtschaft zwar wieder Boden unter den Füßen bekommen, allerdings sind die Erwartungen bezüglich eines kräftigen und auch nachhaltigen Konjunkturaufschwungs in der ersten Jahreshälfte bislang enttäuscht worden. Vor allem im Industriesektor zeigen sich unerwartet heftige Schleifspuren, gleichzeitig bleibt die Kreditnachfrage der Unternehmen und auch die der privaten Haushalte weiterhin deutlich gedrosselt, was das Wirtschaftswachstum hemmt.
Zwar bezweifeln die Experten, dass mit Zinssenkungsimpulsen der gegenwärtigen Schwäche der Binnennachfrage entscheidend abgeholfen werden kann, doch gilt eine Zinsgeste auch als Beitrag, um die allgemein pessimistische Stimmung an Chinas Finanzmärkten und die Baissetendenz an den Aktienbörsen zu durchbrechen.
Gleichzeitig muss die Zentralbank allerdings vorsichtig agieren, um eine weiter führende Abwertung des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar zu verhindern. Dies gilt vor allem angesichts der latenten Sorgen um Kapitalabflüsse und der von geopolitischen Faktoren beeinflussten gegenwärtigen Zurückhaltung der globalen Investoren bei ihrem Finanzmarktengagement in China. Allerdings dürfte die PBOC diesbezüglich etwas aufatmen, nach dem die jüngsten US-Inflationsdaten freundlicher als erwartet ausgefallen sind, so dass einstweilen eine Pause im Zinserhöhungszyklus der US-Zentralbank zu erwarten ist.