Chinas Zentralbank weckt zarte Reformhoffnungen

Gouverneur Zhou Xiaochuan deutet mehr Wechselkursflexibilität und weniger Interventionen an

Chinas Zentralbank weckt zarte Reformhoffnungen

Von Norbert Hellmann, SchanghaiMit den jüngsten Verlautbarungen der chinesischen Zentralbank zu Liberalisierungsfortschritten beim Währungs- und Zinsregime im Reich der Mitte wächst die Hoffnung der Marktteilnehmer auf forschere Reformschritte. In einer von Zhou Xiaochuan, dem langjährigen Gouverneur der People’s Bank of China (PBOC) verantworteten Schrift heißt es, dass China darauf hinarbeite, regelmäßige Interventionen zur Kurssteuerung des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar aufzugeben und die zulässige Schwankungsbreite der noch eng kontrollierten Währung zu erweitern. Mehr Markt für den Yuan”Wir werden die Rolle von marktbasierten Wechselkursen verstärken und uns aus normalen Eingriffen in den Devisenmarkt verabschieden”, betont Zhou in einem Beitrag der zur Erläuterung des kürzlich von der Kommunistischen Partei verabschiedeten Plans für wirtschaftliche, soziale und politische Reformen in China. Gleichzeitig wird auf eine graduelle Lockerung der bislang geltenden Begrenzungen für die Bewegung von Einlagenzinsen der chinesischen Banken verwiesen.Chinas neue Reformagenda verdichtet die im Finanzsektor zu erwartenden Liberalisierungsschritte auf einige wenige Sentenzen. Der Wechselkursbildung soll mehr Flexibilität verschafft werden, die Konvertibilität des Yuan erweitert und die Liberalisierung der Zinsen beschleunigt werden. Welchen Verbindlichkeitsgrad dies hat und in welchem Zeitrahmen man dabei denken darf, bleibt unklar. Verzicht auf ZeitvorgabenEin klein wenig Erhellung soll eine nun in den chinesischen Buchhandel gekommene Regulierungsfibel spendieren, die den Originaltext des Reformprogramms mit einigen Erläuterungen des Staatspräsidenten Xi Jinping sowie hochrangiger Offizieller, darunter des Zentralbankpräsidenten, flankiert. Wie nicht anders zu erwarten, verzichtet auch Zhou auf irgendwelche Zeitvorgaben. Im Prinzip ist der Zielrahmen für die Reformagenda auf das Jahr 2020 hin abgesteckt, insbesondere im Finanzsektor aber gibt es eine breite Erwartungshaltung hin zu einer zügigen Umsetzung von Reformbeschlüssen.Beim Zerpflücken der Aussagen des Zentralbankpräsidenten wollen Analysten Anzeichen dafür erkennen, dass die Zentralbank mit Rückendeckung der Partei insbesondere bei der Lockerung des Währungsregimes eine schnelle Gangart anstrebt. Freilich muss man dabei beachten, dass die jetzt angedeuteten Schritte schon lange im Raum stehen und keine wesentliche Neuerung der seit Verabschiedung des letzten Fünfjahresplans angedeuteten Reformziele im Finanzsektor bedeuten. Die jetzt erneut angesprochene Flexibilisierung der Wechselkursbildung etwa war schon in diesem Frühjahr erwartet worden. Mehr Raum für SchwankungZunächst geht es um eine mutmaßliche Erweiterung der gegenwärtig zulässigen Schwankung des Yuan gegenüber einem täglich von der Zentralbank festgelegten Referenzkurs von bislang 1 % auf zunächst 2 % in beide Richtungen. Im April hatte der Vizegouverneur der PBOC Yi Gang auf einer Konferenz in den USA von einer Lockerung des Währungskorsetts in naher Zukunft gesprochen und dabei wilde Erwartungen über eine unmittelbar bevorstehende Maßnahme ausgelöst. Aber auch hier gilt freilich, dass der Umgang mit Zeitbegriffen seitens chinesischer Verantwortlicher oft nicht mit den Vorstellungen an den schnelllebigen westlichen Finanzmärkten korrespondiert.Mit der gelockerten Kontrolle über die Wechselkursbildung und reduzierten Interventionen korrespondiert die Vorstellung des Zulassens einer kräftigeren Aufwertung des Yuan. Im Prinzip aber wird die Zentralbank über die Setzung von täglichen Referenzkursen zum Dollar auch bei größerem marktgetriebenen Schwankungspotenzial im Sattel bleiben und kann einem “unerwünscht” starken Auftrieb der chinesischen Währung entgegenwirken. Managed Float am HorizontAm Mittwoch zeigte sich der chinesische Yuan denn auch weitgehend unverändert bei 6,0927 Yuan zum Dollar. Im bisherigen Jahresverlauf wurde eine Aufwertung gegenüber dem Dollar um 2,3 % zugelassen. Seitens des Zentralbankgouverneurs wird davon gesprochen, dass man vom gegenwärtigen System (das an den Devisenmärkten gerne als ein “crawling peg” bezeichnet wird) graduell zu einem sogenannten “managed float” übergehen wird. Das bedeutet zwar eine Flexibilisierung des Währungsregimes, aber noch lange keine völlige Freigabe des Wechselkurses. Abgesehen davon lässt die Regulierungsfibel nicht erkennen, wie aktiv China bei der Lockerung von Kapitalverkehrsbeschränkungen fortzuschreiten gedenkt.