Wirtschaftsstreitigkeiten

„Commercial Courts“ können kommen

Zivilrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten in englischer Sprache und erstinstanzliche Spezialsenate für große Handelssachen: Bundesjustizminister Marco Buschmann hat ein Eckpunktepapier vorgelegt.

„Commercial Courts“ können kommen

wf/ba Berlin/Frankfurt

Der Justizstandort Deutschland soll aufgewertet werden. Dazu hat das Bundesjustizministerium ein Eckpunktepapier vorgelegt, um Prozesse in englischer Sprache und die Einrichtung von Wirtschaftssenaten bei ausgewählten Oberlandesgerichten – sogenannte „Commercial Courts“ – zu ermöglichen. Die Ampel-Regierung hatte schon in ihrem Koalitionsvertrag den Plan „englischsprachiger Spezialkammern für internationale Handels- und Wirtschaftsstreitigkeiten“ festgehalten. „Die Veränderungen und zunehmenden Verflechtungen in der Welt beobachten wir nicht, sondern wollen sie aktiv als Chance für unseren Standort und unser Land nutzen“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

In Zeiten von globalen Lieferketten und internationalem Warenverkehr komme es „immer häufiger auch zu grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten, die auf eine schnelle und professionelle Klärung angewiesen sind“, begründete Buschmann den Vorstoß. Daher sollten die Länder für Streitwerte ab einer bestimmten Schwelle – im Eckpunktepapier steht der Betrag von etwa 1 Mill. Euro – erstinstanzliche Spezialsenate bei ausgewählten Oberlandesgerichten einrichten können. Kooperationen der Länder für gemeinsame Commercial Courts sollen möglich sein.

Zügig und auf Englisch

Sind alle Parteien damit einverstanden, einen solchen Commercial Court anzurufen, kann die Ebene des Landgerichts übersprungen werden. Buschmann zufolge sollen sie so ausgestattet werden, dass sie die Verfahren zügig durchführen können sowie auf Wunsch der Parteien und, wenn ein Sachgrund vorliegt, auch komplett in englischer Sprache. Zudem soll es möglich sein, ein von den Parteien bereits während der Verhandlung mitlesbares Wortprotokoll zu erstellen, wie es aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannt ist. Dabei sollen die Commercial Courts mit spezialisierten Richtern besetzt werden, „die über sehr gute Sprachkompetenzen verfügen und Zugriff auf moderne technische Ausstattung in den Gerichten haben sollen“, heißt es weiter in dem Eckpunktepapier. Die Kosten dieser Verfahren sollen den Kosten für Verfahren vor den Oberlandesgerichten entsprechen.

Zur Revision an den BGH

Gegen eine Entscheidung der Commercial Courts soll die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) möglich sein. Sollte das Verfahren vor dem Commercial Court auf Englisch durchgeführt worden sein, so sei dies im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat des BGH auch in der Revision möglich. Gleiches gilt auch für Verfahren bestimmter Handelsstreitigkeiten in englischer Sprache vor den Landgerichten: Sind sich die Parteien über die Verfahrenssprache Englisch einig und bestehe für diese Sprachwahl ein sachlicher Grund, könnten das Verfahren und etwaige Berufungen sowie Beschwerden gegen diese landgerichtlichen Entscheidungen auch vollständig in englischer Sprache durchgeführt werden.

Zudem sollen Geschäftsgeheimnisse künftig umfassender als bislang im Zivilprozess geschützt werden – und zwar ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung. Die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen sollen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht genutzt oder offengelegt werden dürfen.