Constâncio verteidigt ultralockere EZB-Politik

Notenbank-Vize thematisiert Verteilungswirkungen

Constâncio verteidigt ultralockere EZB-Politik

ms Frankfurt – Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) reduziert zumindest vorübergehend die Einkommensunterschiede im Euroraum – statt für mehr Ungleichheit zu sorgen. Diese Auffassung hat EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio gestern bei einer Konferenz in Portugal vertreten. Die EZB-Politik führe zu weniger Arbeitslosigkeit, wodurch das verfügbare Einkommen der Schwächsten steige, was dann die Ungleichheit mindere, so der Euro-Notenbanker.”Unter dem Gesichtspunkt der Verteilung besteht die Hauptwirkung der expansiven Geldpolitik in der Reduzierung der Arbeitslosigkeit, was positive Effekte auf die Reduzierung der Ungleichheit hat”, sagte Constâncio. Die im März 2015 begonnenen breit angelegten Aufkäufe von Wertpapieren (Quantitative Easing, QE) hätten die Arbeitslosenquote binnen vier Quartalen um rund 0,7 Prozentpunkte reduziert, zitierte Constâncio noch unveröffentlichte Kalkulationen von EZB-Experten.Mit seinen Ausführungen stellt sich Constâncio gegen Kritik, die ultralockere Geldpolitik der EZB wie auch der anderen Notenbanken führe zu mehr Ungleichheit, weil etwa von Wertpapierkäufen vor allem Vermögende profitierten, während etwa einfache Sparer unter den Niedrig- und Negativzinsen litten. Nicht zuletzt in Deutschland entzündet sich daran viel Kritik an der EZB.Die Verteilungswirkungen der ultralockeren Geldpolitik sind aber auch über den Euroraum hinaus derzeit ein brisantes Thema für die Notenbanken (siehe auch die gegenüberliegende Seite). In den USA entzündet sich nicht zuletzt daran die Debatte, ob die Unabhängigkeit der Fed beschnitten werden sollte. Großbritanniens Regierungschefin Theresa May hatte der Bank of England Ende 2016 vorgehalten, dass die Niedrigzinsen die Ungleichheit erhöhten.Erst am Montag hatte die Bundesbank Berechnungen vorgelegt, dass die ultralockere Geldpolitik zuletzt vor allem die Aktienrenditen der privaten Haushalte getrieben habe, während die Rendite auf Bankeinlagen zuletzt sogar deutlich unter null sank (vgl. BZ vom 22. August).Constâncio räumte gestern ein, dass der attestierte positive Effekt auf die Ungleichheit vor allem kurzfristig sei. Viel entscheidender als die Geldpolitik seien in dieser Debatte aber ohnehin strukturelle und institutionelle Faktoren. Er warnte vor einem “Aushöhlen der Mittelklasse”.Laut Constâncio erhöhten die QE-Käufe die Häuserpreise in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien im Schnitt um mehr als 1 %. Die Aktienkurse legten um 0,8 % zu.