Conte fordert ein "Europa des Volkes"

Rede im EU-Parlament - Scharfe Kritik

Conte fordert ein "Europa des Volkes"

ahe Brüssel – Der Europäischen Union (EU) fehlt es nach Einschätzung von Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte an einer langfristigen Vision. Schon seit 1989, also seit rund 30 Jahren, könne die EU den Menschen keine langfristigen Perspektiven mehr aufzeigen, kritisierte der Regierungschef in einer Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg. Dafür hätten die “liberalistische Ausrichtung” der Wirtschaftspolitik und die Sparprogramme nach der Krise nur zu einer Entfremdung und einer immer größeren Kluft zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten geführt.Nach den Worten von Conte muss Europa wieder bürgernäher und wieder ein “Projekt für das Volk” werden. Das Volk fordere Gehör und dürfe nicht ignoriert werden. Andernfalls könne es zu Revolten kommen, wie sie heute bereits in einigen Ländern zu beobachten seien. “Wir brauchen ein neues Europa, ein Europa des Volkes.”In der Wirtschafts- und Währungspolitik dürfe Wachstum nicht zugunsten von Sparpolitik aufgegeben werden, sagte Conte. Er forderte eine “Aufteilung der Risiken” und sprach sich sowohl für eine europäische Arbeitslosenversicherung als auch für gemeinsame Finanzierungsinstrumente aus sowie eine weitere Umsetzung der umstrittenen europäischen Einlagensicherung (Edis). Zudem müsse es Entscheidungen für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik geben.Aus dem EU-Parlament kam aus nahezu allen Fraktionen scharfe Kritik an der populistischen Koalition in Rom, der Conte vorsteht. “Wir sind zutiefst beunruhigt darüber, dass die italienische Regierung ihr Land und seine Bevölkerung mehr und mehr ins europäische Abseits führt”, sagte Udo Bullmann, Präsident der sozialdemokratischen S&D-Fraktion. “Die theatralische und provozierende Politik der italienischen Regierung verkennt den Ernst der Lage”, monierte die Grünen-Vorsitzende Ska Keller. Und Manfred Weber (CSU) vermerkte, auch das fehlende Wachstum im Land liege in der Verantwortung der Regierung in Rom.